Die Geschichte der Kathedrale in einem großen Familienbuch

Wie der Dom nach Köln kam

Die Römer waren vor dem Dom da, Agrippina konnte beim Bau der Stadtmauer nicht dabeigewesen sein. Und die Domtürme sollten mal Zeppelin-Haltestelle werden. Das alles erzählt das neue Kinderbuch des Autoren-Teams.

Szene aus "Wie der Dom nach Köln kam" (DR)
Szene aus "Wie der Dom nach Köln kam" / ( DR )

domradio.de: Gibt es nicht schon genug Bücher über den Kölner Dom?

Prof. Barbara Schock-Werner (Kölner Dombaumeisterin 1999-2012): Der Anstoß ging von dem Grafiker aus, Christoph Baum, der das machen wollte. Er hat schon Bücher mit dem Greven-Verlag gemacht. Und dann fand ich die Idee wirklich toll, durch die Jahrhunderte immer vom gleichen Blickpunkt aus die Stadt mit dem Dom zu zeichnen, dass man sieht, wie sich das verändert. Und das haben wir dann mit großer Mühe und sehr viel Liebe zum Detail auch durchgezogen. 

domradio.de: Die Bilder waren zuerst da?

Im Prinzip waren die Bilder zuerst da - im Prinzip - aber dann haben Herr Schröer und ich gesagt, "das muss noch rein" und "das stimmt nicht" und "das muss wieder raus" und "können wir nicht auch…?". Und bei den frühen "Das römische Köln"-Seiten haben wir sogar den Direktor des römisch-germanischen Museums Markus Trier korrektur-"sehen" lassen. Zum Glück, denn es waren auf den ersten Bildern von Christoph Baum "Agrippa" drauf, wie sie die Stadtmauer besichtigt. Und da sagt Markus Trier: Als die Stadtmauer gebaut wurde, sei Agrippa längst tot gewesen. Das passe nicht zueinander. Also das nur als Beispiel, dass wir uns wirklich abgemüht haben, dass alles, was hier gezeichnet und beschrieben ist, auch historisch richtig ist.

domradio.de: Die Römer waren nachgewiesener Weise vor dem Kölner Dom da. Also es geht nicht nur um den Kölner Dom, sondern auch um die Geschichte was vorher auf dem Platz war?

Johannes Schröer (Co-Autor): Richtig, dazu gehört auch die Vorgeschichte. Also es beginnt mit dem römischen Köln. Und da war der Kaiser Domitian, um sich den Aufbau der Stadtmauer anzuschauen. Also diese Stadtmauer ist ja ein Monstrum, ein Riesending. Die ist unter der Kölner Domplatte im Parkhaus zu besichtigen. Damit ging es eigentlich los. Und dann kam der erste Karolingische Dom, der aber - Frau Schock-Werner - halb gewollt abgebrannt ist, wie war das noch mal?

Prof. Schock-Werner: Man musste ihn ersetzen, wobei der Karolingische Dom vermutlich schon der Dritte an der Stelle war. Aber dann wollte man einen noch größeren, weil man inzwischen die Heiligen Drei Könige hatte, und musste den alten Dom abbrechen; und die schnellste Methode ist Brandabbruch - aber es war April und Wind kam auf. Und außerplanmäßig brannte erst einmal der ganze Dom ab, was man nicht wollte, weil man ja den Westteil brauchte, um weiterhin Liturgie feiern zu können.

domradio.de: Wenn wir mal in die neuere Geschichte geht, da habe ich gesehen, die Domtürme sollten Haltestelle für ein Zeppelin werden?

Prof. Schock-Werner:  Ja, Zeppelin war natürlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts "die" Technik überhaupt, das kann man auch verstehen. Und dann war da eine Überlegung, diese hohen Domtürme, die ja nur sinnlos in der Gegend herumstanden, die könnte man doch als Haltestelle für den Zeppelin-Verkehr benutzen, weil man damals die Vorstellung hatte, dass man einen regelmäßigen Zeppelinverkehr einrichtet könnte. Zwischen den Türmen sollte die Haltestelle gebaut werden. Und da hätte es dann so ein Schild gegeben, da stünde dann "Richtung Berlin" und "Richtung Basel" drauf und da sollte der Zeppelin anlegen. Gott sei Dank ist das nicht wahrgeworden, denn das hätte den Türmen sicher nicht gutgetan. Und nach dem großen Zeppelin-Unglück (1937) ist ja dieses Ganze auch eingestellt worden.

Schroeer: In dem Buch wird auch mit zahlreichen Mythen aufgeräumt, bekannt ist ja die Geschichte vom Dombaumeister Gerhard, da habe es diese Teufelswette gegeben und der sei dann vom Domturm geflogen, weil er diese Wette verloren hat. Also eine große Legende, und dann erzählte mir Frau Schock-Werner an diesem Nachmittag, an dem wir uns die Bilder anschauten, Quatsch, das stimmt gar nicht, das ist alles ein Märchen.

Prof. Schock-Werner: Ja, das war die mittelalterliche und bis in die Neuzeit erhaltene Idee. Denn dieser Mann war außergewöhnlich begabt. Und mit außergewöhnlichen Begabungen konnte man nicht umgehen. Also musste man ihm unterstellen, das kann der ja nur leisten, weil er mit dem Teufel im Bund steht. Und die Geschichte, dass man Genies dadurch kleinredet, indem man ihm Teufelspakte unterstellt, das finde ich im Grunde ganz schädlich. Passierte in der Geschichte immer wieder. Und deswegen wehre ich mich auch immer so gegen diese Meister-Gerhard-Legende.

domradio.de: Eigentlich ist es ein Wunder, dass das Buch nicht meterdick geworden ist... Sie, Frau Schock-Werner, sind gerade Großmutter geworden. Wenn Ihr Enkel mal soweit ist, lesen Sie dem dann daraus vor?

Prof. Schock-Werner: Sie wächst in Hamburg auf und da ist der Kölner Dom doch relativ fern, auch wenn ich ihr zur Geburt einen Strampler mit dem Dom drauf geschenkt habe. Aber wenn sie mich dann in Köln besucht, was hoffentlich oft der Fall sein wird, werde ich ihr aus dem Buch vorlesen.

domradio.de Aber es ist ein Buch für „ganze“ Familie, oder?

Schröer: Es ist ein All-Age-Buch, man kann den Kindern daraus vorlesen, die Geschichten erzählen und man erfährt auch selber unglaublich viel über den Dom und seine Geschichte.

Das Interview führte Heike Sicconi.


Prof. Barbara Schock-Werner und Johannes Schröer (DR)
Prof. Barbara Schock-Werner und Johannes Schröer / ( DR )
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DR