DOMRADIO.DE: Sie haben zu dem Thema das Buch "Herr, sprich nur ein Wort...: Kraft und Lebensmut aus der Bibel" geschrieben. Sie sind Pfarrer, haben Psychologie studiert und vor allem selbst schon schwierige Lebenssituationen gemeistert. Inwiefern hat denn die Bibel Ihnen dabei geholfen?
Pfarrer Dr. Peter Dyckhoff (Priester, Autor und Psychologe): Ich muss sagen, die Bibel hat mir sehr geholfen, und zwar in späteren Jahren. Nicht, bevor ich Theologie studiert habe. Früher bin ich natürlich mit der Bibel nicht so in Kontakt gekommen, höchstens durch die Heilige Messe, durch die Lesung und das Evangelium am Sonntag. Aber ich habe die Bibel erst richtig gelernt, teilweise kann man ja sagen verstanden, nachdem ich mich auch im Studium mit ihr beschäftigt habe. Und dann leuchtet doch in mancher schwierigen Lebenssituationen plötzlich so ein Satz auf, der einen erfüllt, und dann geht man auf diesen Satz ein und spürt: Da ist eine Gnadenkraft, die einen trifft, die wandelt. Das ist das Entscheidende. Das wollte ich auch in einem Buch festhalten für andere Menschen, dass sie auch diese Erfahrung, dieses Erlebnis haben.
DOMRADIO.DE: Also ist das Buch auch für die Menschen, die sich nicht so stark, beispielsweise im Studium, mit der Theologie beschäftigt haben?
Dyckhoff: Ja, man kann ja nicht alles präsent haben, zum Beispiel die ganze Weisheitsliteratur des Alten Testaments oder auch wesentliche Inhalte des Neuen Testaments, wenn man kein Theologe ist oder sich nicht damit beschäftigt. Dann reicht oft ein kleiner Hinweis – und das sollte auch dieses Buch sein. Ein Hinweis in eine scharfe, verhärtete, vielleicht tragische Lebenssituation, dass man einen Lichtblick bekommt.
DOMRADIO.DE: Sie haben das Buch mit dem Titel "Sprich nur ein Wort..." geschrieben. Vervollständigen können wir den Satz jetzt vermutlich alle: Sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund. Wie findet man denn die richtigen Bibelworte, die die Seele gesund machen können?
Dyckhoff: Ich habe eine Lebenssituation beschrieben, in der Menschen leiden müssen oder sich gegenseitig auch Schlimmes antun, und habe dann gebetet und oftmals dann intuitiv eine Antwort bekommen. Oftmals habe ich aber auch nach Stichworten gesucht in einem Register und dann eine ganze Reihe von Bibelzitaten zu diesem Thema gefunden. Dann ergab es sich meistens ganz von selbst, dass das eine oder andere Bibelwort genau passend war. Das war so ein Aha-Erlebnis. Dann spüre ich, wenn die Mosaiksteine richtig gesetzt werden, dass es richtig ist, und das ist dann für mich ein Beweis oder eine Aufforderung: Mach weiter, es wird etwas daraus.
DOMRADIO.DE: Sie haben nicht nur Theologie, sondern davor auch noch Psychologie studiert. Insofern kommen Ihre beiden Fachgebiete genau an dieser Stelle zusammen. Inwiefern können der Glaube und insbesondere ein Buch wie die Bibel bei psychischen Problemen helfen?
Dyckhoff: Die Heilige Schrift hilft eigentlich immer, wenn man die richtigen Sentenzen, die richtigen Sätze gefunden hat. Die Psychologie hilft natürlich auch, aber sie stößt an Grenzen, und die Erfahrung habe ich ja auch gemacht, dass ich mit der Psychologie eigentlich nicht weitergekommen bin.
Es war immer so, als ob ich eine Uhr auseinandernehme und fein säuberlich die einzelnen Teile hinlege, aber dann nicht mehr die Gabe habe, alles zusammenzusetzen, sodass es funktioniert. Und das ist für mich die Gnade, oder das ist für mich das Sakrament beziehungsweise auch der Glaube und die Beziehung zum Göttlichen, zum Transzendenten. Das kann ich als Mensch nicht alles leisten. Insofern war es für mich wichtig, Theologie zu studieren und dann auch Priester zu werden, in die Praxis zu gehen und Menschen eine Wegweisung zu geben. Das geht natürlich mit einem Buch über die eigene Gemeinde hinaus und wird etwas intensiver und verbreiteter in dem Sinne.
DOMRADIO.DE: Ist Ihr Buch eine Anleitung dazu, wie die Bibel zu lesen ist oder wie ich die passenden Worte finde zu meinem Stichwort oder zu meinen Schwierigkeiten?
Dyckhoff: Nein, eigentlich nicht. Es ist ein Lesebuch. Auch im Fernsehen laufen viele Sendungen wie "Vermisst" oder "Das Familiengericht", wo es um Situationen geht mit Menschen, die sich verrannt haben oder die plötzlich einen Schicksalsschlag erleiden müssen oder ein Kreuz auferlegt bekommen und etwas Ungutes tun oder bereit sind, das zu tun. Das heißt, der Schwerpunkt liegt eigentlich auf den kleinen Geschichten, die erzählt werden. Aber dann gibt es eine Auflösung oder aber einen Hinweis.
Es kann nicht immer eine Auflösung sein, denn so genau trifft man es nicht. Die Bibel erhebt ja auch nicht den Anspruch, eine direkte Lösung für jedes menschliche Problem zu sein. Aber es kann ein Anstoß sein. Und das sollte auch ein Anstoß sein, dass es, über diese vielen Sendungen im Fernsehen hinaus, da noch eine Dimension gibt, die man mit einbeziehen sollte, die Heil und Wandlung verspricht. Das ist eigentlich das Entscheidende, weil jeder in sich die Sehnsucht hat nach Heil.
DOMRADIO.DE: Denken Sie, dass die Menschen diese Beispiele, diese Geschichten lesen und vielleicht auch etwas von sich darin finden? Oder ist es eher so, dass man dazu motiviert, mal ein bisschen in die Bibel rein zu gucken, um dort vielleicht für sich die passenden Antworten zu finden?
Dyckhoff: Ich denke schon, dass man eine Art Identität spürt bei einigen Wesenszügen oder Eigenschaften von Menschen, die geschildert werden und dann doch neugierig wird und sich fragt: Wie geht es weiter? Wie erträgt das der Mensch? Wie geht die Geschichte aus? Was wird als eine mögliche Antwort aus der Bibel gegeben? Natürlich bekommt man vielleicht den Geschmack, mal mehr in der Bibel zu lesen. Aber sie ist ja zum Teil so kompakt, dass man nicht Stunden lesen kann, sondern überfrachtet ist und eigentlich für seine eigene Lebenssituation die richtige Weisung bekommen sollte. Und da hilft das Buch den Menschen, diese Schritte zu gehen.
Das Interview führte Dagmar Peters.