Die katholische Wochenzeitung "Tagespost" wird 70

Ein "harter Acker"

Sie ist ein Unikum in der deutschen Presselandschaft: katholisch, konservativ, kirchlich unabhängig: "Die Tagespost" in Würzburg wird an diesem Dienstag 70 - und kämpft entschlossen um ihre Zukunft.

Ausgabe der Würzburger "Tagespost" / © Bert Bostelmann (KNA)
Ausgabe der Würzburger "Tagespost" / © Bert Bostelmann ( KNA )

Chefredakteur Oliver Maksan (39) spricht von einem "harten Acker", den er bewirtschaftet. Zum Halbjahr verkaufte seine "Tagespost" 9.380 Exemplare, kaum mehr als im März, aber deutlich mehr als im November 2017. Bis Silvester will er noch die 10.000er-Marke knacken. Gar nicht so einfach, bei einer überalterten Leserschaft die Abgänge durch Neukunden mehr als auszugleichen.

Aber immerhin: Der jahrzehntelange Leserschwund ist offenbar gestoppt. Nicht zuletzt dank einer von Maksan initiierten beispiellosen Rettungsaktion, zu der Freunde und Abonnenten des Blattes bis zum Frühjahr mehrere Hunderttausend Euro beisteuerten.

Gedruckte Ausgabe nur noch einmal pro Woche

Inzwischen verzeichnet der Johann Wilhelm Naumann Verlag in Würzburg ein zartes Wachstum, "wenn auch noch nicht das, was wir brauchen und wollen", bilanziert Maksan, der bei der "Tagespost" auch die Geschäfte führt. Steigende Klickzahlen der relaunchten Internetseite und auch mehr Follower in den Sozialen Medien stimmen ihn aber optimistisch. "Der Markt ist da", sagt er.

Eine heikle Klippe hat die "Tagespost" bereits umschifft. Seit Jahresbeginn erscheint die gedruckte Ausgabe nur noch einmal und nicht mehr dreimal pro Woche. Und die Leserschaft hat diese Umstellung angenommen.

Erstes Erscheinungsdatum bewusst gewählt

Als der Verleger Naumann den Titel am 28. August 1948 auf den Markt brachte, wählte er dieses Datum ganz bewusst: Es war der Gedenktag des heiligen Augustinus, der einer der wichtigsten lateinischen Kirchenväter war. "Das Lehramt der katholischen Kirche ist der Chefredakteur dieser Zeitung", fasst Maksan das vom Gründer ererbte Profil zusammen. "Das Wort des Papstes ist für uns nicht eines unter anderen."

Wobei: Auch die acht Redakteure und drei Korrespondenten der "Tagespost" wissen zwischen den Äußerungen des Kirchenoberhaupts zu differenzieren. Die Antwort auf eine Journalistenfrage im Papstflieger hat nicht denselben Stellenwert wie eine Enzyklika. Und den Journalisten ist durchaus bewusst, dass es in der katholischen Kirche eine Lehrentwicklung gibt, die nicht immer bruchlos verläuft.

Klare Position bei innerkirchlichen Debatten

In innerkirchlichen Konfliktlagen bezieht die Redaktion indes gern selbst eine klare Position. So vertrat sie im jüngsten Streit der deutschen Bischöfe um den Kommunionempfang evangelischer Ehepartner von Katholiken mit Nachdruck die ablehnende Haltung der Minderheit.

In der Endlosdebatte um die Priesterweihe von Frauen würde sie niemals ein gleichberechtigtes Pro-und-Contra-Stück ins Blatt heben. Hat doch, wie man in Würzburg betont, Papst Johannes Paul II. diese Frage endgültig entschieden. Anderes, wie etwa der humanitäre Impuls von Papst Franziskus in der Migrationsfrage mit Sicherheits- und Finanzierungsaspekten in Einklang gebracht werden kann, wird dagegen durchaus kontrovers erörtert.

Distanz zu Unionsparteien

Die natürliche Nähe zu den C-Parteien ist heute längst nicht mehr selbstverständlich, anders noch als zu Zeiten der neuen Ostpolitik eines Willy Brandt und Egon Bahr. Der von den Sozialdemokraten im Umgang mit den Sowjets propagierte "Wandel durch Annäherung" in den 1970er Jahren wurde von der "Tagespost" heftig bekämpft.

Als einen ersten Bruch mit der Union markiert der Chefredakteur die Reform der Abtreibungsgesetzgebung nach der Wiedervereinigung. Auch die biopolitischen Entscheidungen in der Folgezeit unter Bundeskanzlerin Angela Merkel bis hin zur "Ehe für alle" hätten die Distanz wachsen lassen, sagt Maksan.

Jubiläum wird gefeiert

Zum Umgang mit der rechtspopulistischen AfD hat der Journalist eine differenzierte Haltung, die sich auch im Blatt widerspiegelt. Die Partei sei ein "heterogenes Phänomen mit unterschiedlichen Flügeln, bei dem Katholiken beileibe nicht alles unterschreiben können". Gerade deshalb müsse man das Gespräch mit ihr suchen, zumal mit deren kirchlich verorteten Mandatsträgern.

Am 15. September wird das Jubiläum mit einem Förderertreffen standesgemäß gefeiert: An ein Pontifikalamt in der Würzburger Wallfahrtskirche "Käppele" schließt sich ein Festakt auf der Festung Marienberg an. Die Laudatio hält der Kölner Psychiater und Bestsellerautor Manfred Lütz.


Quelle:
KNA