DOMRADIO.DE: Sie haben die Bundesgartenschau in Heilbronn mit einer Festrede eröffnet. Was war Ihre zentrale Botschaft zum Ökumenischen Tag der Schöpfung?
Winfried Kretschmann (Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen, Ministerpräsident Baden-Württembergs, Mitglied im Diözesanrat der Erzdiözese Freiburg, im Verein der Freunde der Erzabtei St. Martin e.V., im Zentralkomitee der deutschen Katholiken sowie im Kuratorium der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart): Ich habe eine Mischung aus politischer Ansprache und Predigt gehalten. So eine Festrede ist ja immer eine gute Gelegenheit, eigene Akzente zu setzen. Der Tag der Schöpfung kann uns dazu anregen, umzudenken. Wir rufen uns an einem solchen Tag ins Bewusstsein: Wir haben die Erde nicht selber gemacht. Sie ist Gottes Schöpfung und wir sind verpflichtet, sie zu erhalten und zu bewahren. Das können wir aber nur, wenn wir etwas ändern. Wir müssen etwas ändern und umdenken. Wir müssen auf die Folgen unseres Lebensstils schauen, nicht nur auf kurzfristige Effekte und persönliche Annehmlichkeiten. Meine Botschaft war: Wir können selber etwas tun. Wir können Vorbild sein oder - um mit der Heiligen Schrift zu sprechen - das Salz der Erde sein.
DOMRADIO.DE: Das ist ja auch das Leitmotiv. Wie können wir denn heute ganz konkret Salz der Erde sein?
Kretschmann: Man muss immer wieder die Liebe zur Schöpfung deutlich machen. Nur wer die hat, übernimmt auch Verantwortung und engagiert sich. Das Allerwichtigste ist, immer wieder auf diese großartige Erde hinzuweisen als etwas, das wir vorgefunden haben, das wir nicht selber gemacht haben. Da können wir als Christen viel tun! Die Kirchen gehen ja mit gutem Beispiel voran. Sie zeigen, dass man in der Gemeinschaft noch viel mehr erreicht als allein. Und das hat dann großen Einfluss auf die Politik und die Gesellschaft insgesamt. Da haben wir viele Beispiele, was Kirchengemeinden im Land machen und da sind wir als Politiker sehr dankbar.
DOMRADIO.DE: Ist der Beitrag der Kirchen groß genug zur Bewahrung der Schöpfung?
Kretschmann: Groß genug ist er natürlich nie. Wir können nur im täglichen Handeln etwas erreichen, wenn wir auch Vertrauen haben, dass es etwas nützt. Wir müssen mit Gottvertrauen sehen: Was wir machen ist nicht nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, sondern diese Tropfen fließen zu einem großen Strom zusammen. Und der bewirkt wirklich etwas. Dann gibt es Zuversicht, dass aus dem Klimawandel nicht noch eine Klimakatastrophe wird. Es ist schon schlimm genug. Wir können das Schlimmste nur verhindern, wenn wir überall in Politik, in Gesellschaft, in der Kirche tätig werden.
DOMRADIO.DE: Sie haben erfahren, was in Gemeinden zur Bewahrung der Schöpfung alles passiert. Haben Sie da ein Beispiel?
Kretschmann: Zum Beispiel werden die vielen Bildungshäuser der Kirchen überprüft, dass sie in allem was sie tun, ökologisch handeln: Von der Ernährung über den Transport bis zur Heizung. Es gibt Gemeinden, die wickeln ihre ganzen Transporte jetzt mit einem elektrischen Lastenfahrrad ab. Solche Dinge sind ein großer Ansporn, etwas anderes zu machen. Das Biosphären-Gebiet Schwäbische Alb zeigt, wie man seine Gärten so anlegen kann, dass sie auch für Tiere, für Insekten, nützlich sind. Es gibt sehr viele Beispiele auch in der Jugendarbeit in Schulen, wo die Kinder und Jugendlichen animiert werden, schöpferisch tätig zu sein. Mit Kopf, Hand und Herz.
DOMRADIO.DE: Inwiefern bestimmt denn die christliche Haltung ganz konkret Ihr ökologisches Engagement?
Kretschmann: Das ist sehr, sehr entscheidend. Der Papst hat mit der ersten ökologischen Enzyklika uns allen ja nochmal einen riesigen Ansporn geben. Man sieht also, da passiert etwas. Auch der Heilige Franziskus ist immer für die Armen eingetreten und betonte, dass die Schöpfung, die Tiere und Pflanzen unsere Brüder und Schwestern sind und dass wir sie bewahren sollen. Die Enzyklika ist ein unglaublicher Ansporn gewesen, der weltweit Beachtung gefunden hat. Daraus kann man dann wirklich Kraft und Zuversicht schöpfen.
Das Interview führte Heike Sicconi.