Die Kirchen gratulieren dem Volksbegehren "Pro Reli" zum Erfolg

"Religionsunterricht ist unverzichtbar"

Die Kirchen und Bundespolitiker haben der Bürgerinitiative "Pro Reli" zum Erfolg ihres Volksbegehrens gratuliert. Mit ihrer Unterschrift hätten die Berliner Bürger für die Religionsfreiheit in der Schule votiert, schreibt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, in einer am Freitag verbreiteten Erklärung. Der Berliner Staatsrechtler und Bestseller-Autor Bernhard Schlink sowie die Initiative "Pro Ethik" kritisierten, dass die Debatte zu einer Abstimmung über die Kirchen gemacht worden sei.

"Pro Reli" in Berlin (epd)
"Pro Reli" in Berlin / ( epd )

Die Initiative "Pro Reli", die für eine Wahlfreiheit zwischen Ethik- und Religionsunterricht eintritt, hatte am Donnerstag bekanntgegebem, bereits mehr als 195.000 Unterschriften eingereicht zu haben. Wenn rund 170.000 stimmberechtigte Berliner (sieben Prozent) ein Volksbegehren unterstützen, kommt es zu einem Volksentscheid. Der Anteil an ungültigen Stimmen liegt erfahrungsgemäß bei etwa zehn Prozent. Bislang ist der vor zwei Jahren eingeführte staatliche Ethikunterricht an den Berliner Schulen Pflichtfach, der konfessionelle Religionsunterricht hat den Rang einer zusätzlichen Arbeitsgemeinschaft.

Zollitsch betonte, die Berliner hätten öffentlich deutlich gemacht, dass der Religionsunterricht gerade in einer religiös und weltanschaulich pluralen Stadt ein unverzichtbares Bildungsangebot sei. Der Berliner evangelische Bischof Wolfgang Huber forderte dazu auf, auch in den kommenden Tagen noch Unterschriften für das Volksbegehren abzugeben. Dann seien Senat und Abgeordnetenhaus gefragt, so der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Sie könnten dafür sorgen, dass der Religionsunterricht ein ordentliches Lehrfach wird.

Die Kirchenbeauftragte der Bundestags-Unionsfraktion, Ingrid Fischbach (CDU), erklärte, mit den Unterschriftenlisten sei ein klares Votum für mehr Religionsfreiheit abgegeben worden. Die Entscheidung, ob Schüler konfessionellen Religionsunterricht oder bekenntnisfreien Ethikunterricht besuchen wollen, dürfe nicht die Politik treffen. Der Kirchenbeauftragte der FDP-Bundestagsfraktion, Hans-Michael Goldmann, verwies auf die Anzahl der abgegebenen Stimmen. Sie zeuge vom großen Mobilitätspotenzial der Idee einer Gleichstellung des Religionsunterrichts.

Kritik des Staatsrechtlers Bernhard Schlink
Der Staatsrechtler Bernhard Schlink betonte dagegen, beim Streit um den Religionsunterricht in Berlin hätten die beiden großen Kirchen Vertrauen verspielt und ihre Integrität beschädigt. Durch die Art ihrer Unterstützung der Kampagne "Pro Reli" hätten sie sich auf die Gesetze des politischen Kampfes eingelassen, gelogen und die Wahrheit verzerrt, so Schlink in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Die Menschen erhofften sich von den Kirchen eigentlich ein anderes Verhalten. "Selbst wenn die Kirchen den politischen Kampf noch gewinnen sollten, haben sie schon verloren", so Schlink.

Das Bündnis "Pro Ethik" unter Schirmherrschaft des Berliner Abgeordnetenhauspräsidenten Walter Momper erklärte, trotz des voraussichtlich erfolgreichen Volksbegehrens sei sie guten Mutes, dass "Pro Reli" bei einem Entscheid nicht die erforderliche Zustimmung von einem Viertel der Berliner erhalten werde.

Die Initiative findet auch bundesweit Beachtung, weil sie als ein Gradmesser für die Mobilisierungsfähigkeit der Kirchen gilt. Spätestens 15 Tage nach Ablauf der Frist zur Unterschriftensammlung muss der Landesabstimmungsleiter das Ergebnis verkünden. Ein Volksentscheid könnte dann zeitgleich mit der Europawahl am 7. Juni stattfinden.