Die Kirchen rufen zu Solidarität in Wirtschaftskrise auf

"Mehr Zusammenhalt vonnöten"

Die Banken- und Wirtschaftskrise hat nach Ansicht der beiden großen Kirchen in Deutschland zu größerer Nachdenklichkeit und einem Stimmungswandel geführt. In ihren Weihnachtspredigten riefen katholische und evangelische Bischöfe zu mehr Zusammenhalt und Solidarität in der Gesellschaft auf.

 (DR)

In zahlreichen katholischen Messfeiern des ersten Weihnachtstags erwähnten die Geistlichen auch den nächtlichen Angriff auf Papst Benedikt XVI. im Petersdom und beteten betont für das Kirchenoberhaupt. Laut Umfragen wollte jeder zweite Deutsche an Weihnachten einen Gottesdienst besuchen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, wandte sich gegen übersteigertes Leistungsdenken und forderte mehr Solidarität mit gesellschaftlich Ausgegrenzten. In der Gesellschaft gehe es zu sehr um Leistung und Erfolg, die Stärkeren setzten sich durch zu Lasten des «Zerbrechlichen und Schwachen», kritisierte der Freiburger Erzbischof. Die Weihnachtsbotschaft, so Zollitsch, fordere zum Umdenken auf. Die Menschwerdung zeige den Menschen, was das Wichtigste sei: «Zu lieben, für einander da zu sein; ohne Hintergedanken und Vorbedingung, ohne Profit und Vorteil.»

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche (EKD), Margot Käßmann, sprach sich für einen schnellen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan aus. «Auch nach den weitesten Maßstäben ihrer Kirche sei dieser Krieg so nicht zu rechtfertigen», sagte sie. «Wir brauchen eine klare Exit-Strategie.»

Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann nannte Weihnachten ein Zeichen für Gottes Solidarität mit den Menschen. Gott streife die Welt «nicht wie ein leuchtender Komet, der wieder im All verschwindet, sondern er wird wirklich Mensch, einer von uns», sagte er beim Festgottesdienst im Mainzer Dom. Jesus bekomme dabei wirklich die volle Realität der Welt zu spüren. Dies habe schon begonnen, als in der Herberge kein Platz mehr gewesen sei. «Hinter der Krippe wird schon das Kreuz sichtbar.»

Weihnachten habe nichts mit Geld und Umsatz, sondern mit der Liebe Gottes zu tun, sagte Kardinal Joachim Meisner in der Christmette im Kölner Dom. Der Übergang vom reich gedeckten Gabentisch zur Krippe im Stall sei aber nicht ganz einfach.

Jesus sei nicht in einem Palast geboren worden, sondern in ärmlichsten Verhältnissen, erinnerte der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky. Gesellschaftliche Regeln und Konventionen hätten dabei keine Rolle gespielt. Dennoch könne die Weihnachtsgeschichte Mut machen, «Familie zu akzeptieren und zur Familie zu stehen».

Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx appellierte an die Gläubigen, trotz Ängsten, Krisen und Katastrophen nicht aufzugeben. Gerade Christen seien in dieser Welt die Träger der Hoffnung und des Mutes, sagte er in der Münchner Liebfrauenkirche. Der Erzbischof warnte, in Bezug auf die Finanz- und Wirtschaftskrise werde derzeit der Eindruck erweckt, die alten Verhaltensweisen und Zielsetzungen seien weiter vorherrschend.