Die Schweiz will die Rückgabe von Diktatorengeldern erleichtern

Rote Karte für schwarze Konten

Ferdinand Marcos aus den Philippinen, Sani Abacha aus Nigeria oder Carlos Salinas aus Mexiko: Sie alle schafften Millionensummen aus der Staatskasse beiseite, um diese anschließend anzulegen - unter anderem auf Konten in der Schweiz. Nun wollen die Eidgenossen die Rückgabe solcher "Potentatengelder" erleichtern. Experten jedoch haben Zweifel.

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

Die Philippinen, Nigeria und Mexiko haben davon bereits profitiert, teils nach jahrelangem juristischen Tauziehen. An diesem Dienstag tritt nun eine Regelung in Kraft, die derartige Maßnahmen erleichtern soll.



Das neue "Bundesgesetz über die Rückerstattung unrechtmäßig erworbener Vermögenswerte politisch exponierter Personen" firmiert inoffiziell unter dem Namen "Lex Duvalier". Seit bald 25 Jahren lagern 7 Millionen Franken (5,4 Millionen Euro) von Haitis Ex-Diktator Jean-Claude Duvalier auf Schweizer Konten, ohne dass es zu einer Entscheidung über den künftigen Verbleib der Summe gekommen wäre. Ein Grund ist, dass die überforderten haitianischen Behörden bislang einen hieb- und stichfesten Nachweis schuldig blieben, wonach die "Ersparnisse" des "Präsidenten auf Lebenszeit" tatsächlich aus dubiosen Quellen stammen.



Experten haben Zweifel

"Gerade Staaten mit schwachem Justizsystem, die immer noch unter den Folgen von Diktaturen leiden, tun sich mit so etwas schwer", erläutert Andre Rothenbühler von der "Aktion Finanzplatz Schweiz" (AFP) in Basel, in der auch kirchliche Organisationen vertreten sind. Deswegen dreht das neue Gesetz die Beweislast nun um. Jetzt müssen Duvalier und Co ihrerseits darlegen, dass sie auf legalem Wege an das Geld gelangt sind. "Ein ganz wesentlicher Punkt", unterstreicht Rothenbühler. Auch wenn sich die AFP und andere kritische Beobachter noch eine weitere Erleichterung gewünscht

hätten: dass die geschädigten Staaten kein förmliches Rechtshilfegesuch mehr stellen müssen.



Solange ein Potentatenclan Einfluss auf die Regierung und das Justizsystem des Landes habe, werde er diesen Schritt zu verhindern suchen, argumentiert Rothenbühler. Auch die im neuen Gesetz vorgesehene Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung mit den Inhabern der schwarzen Konten hält der Experte für keine gute Idee. Dies könne im schlimmsten Fall dazu führen, dass die raffgierigen Ex-Machthaber gar nicht zur Rechenschaft gezogen würden. Der Fall von Sese Mobutu ist in der Schweiz noch in allzu schlechter Erinnerung. Im Jahr 2009 musste die Schweiz knapp 8 Millionen Franken (6,2 Millionen Euro) aus dem Vermögen des kongolesischen Kleptokraten freigeben, weil eine juristische Klärung mit dem Kongo nicht möglich war.



Es geht 20 und 40 Milliarden US-Dollar

Dass der Finanzplatz Schweiz unter den Diktatoren dieser Welt weiterhin einen zweifelhaft guten Ruf genießt, zeigte sich zuletzt vor wenigen Tagen. Der Bundesrat veranlasste vorsorglich die Blockierung von "mehreren Dutzend Millionen Franken" des abgesetzten tunesischen Präsidenten Ben Ali. Auch für den Machthaber an der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, soll eine ähnliche Order ergangen sein.



Sie werden nicht die letzten sein. Weltweit schaffen korrupte Herrscher und ihr Gefolge Weltbank-Schätzungen zufolge jährlich zwischen 20 und 40 Milliarden US-Dollar (14,6 bis 29,2 Milliarden Euro) in die eigenen Taschen. Wie viel davon in der Schweiz landet, ist ungewiss. Immerhin eine amtliche Zahl lässt Rückschlüsse auf die Dimensionen zu. In den vergangenen 15 Jahren konnte die Schweiz 1,7 Milliarden Franken (1,3 Milliarden Euro) aus Potentatenbesitz zurückerstatten. Das neue Gesetz könnte diese Summe weiter in die Höhe treiben.