Die Taube als Pfingstsymbol und Liebesvogel

Kosmopolitin unter den Tieren

Die Taube ist überall zu Hause, sie gurrt auf allen fünf Kontinenten. Kein Wunder, dass das außergewöhnlich zähe und fruchtbare Tier seinen Platz in der Geschichte gefunden hat: als bedeutsames Stück Religions- und Kulturgeschichte. Besonders für Christen ist die Taube ein ganz besonderer Vogel.

Autor/in:
Alexa Odendahl
 (DR)

An Pfingsten ist sie das Symbol des Heiligen Geistes. Aber auch draüber hinaus: Schon im Alten Testament wusste Noah, der Erbauer der Arche, die klugen Flugweltmeister zu nutzen. Er ließ drei Tauben ausfliegen, um die Höhe der Sintflut zu testen. Die dritte kam mit einem frischen Ölzweig, dem Zeichen der Aussöhnung und des Friedens, im Schnabel zurück. Also wusste Noah, dass nur noch wenig Wasser auf der Erde stand.

Das Neue Testament knüpft dann die Verbindung zwischen Taube und Heiligem Geist. Aber nicht etwa in der Pfingsterzählung, sondern bei der Taufe im Jordan. Als Jesus getauft aus dem Wasser stieg, "öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen", schreibt der Evangelist Matthäus. Fortan galt die Taube als Symbol des Heiligen Geistes. In der christlichen Kunst nahm die Seele die Gestalt der Taube an, und auch die Ikonographie stellt den Heiligen Geist als weiße Taube dar.

Kein rein christliches Phänomen
Allerdings ist der Tauben-Kult kein rein christliches Phänomen. Schon in der Antike war der Vogel Sinnbild von Sanftmut, Einfalt und Unschuld - weil man annahm, er besitze keine Galle und sei daher frei von allem Bösen und Bitteren. Im alten Indien und bei einigen germanischen Stämmen galt die Taube als "Seelenvogel". Auch im Islam sind die gurrenden Zweibeiner heilig, weil sie den Propheten Mohammed auf der Flucht beschützt haben sollen.

In Deutschland erlebte das Federvieh Anfang der achtziger Jahre eine regelrechte Renaissance: auf Stickern und T-Shirts Tausender Friedensbewegter. Auch heute noch kommt die Taube immer wieder als Symbol der Versöhnung zum Einsatz. Bei den Eröffnungen von Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen steigen sie zu Tausenden in den Himmel.

Nicht nur Symbol für Frieden und den Heiligen Geist
Dabei wird die Taube ihrem friedlichen Ruf in den seltensten Fällen gerecht. Unter Zoologen gilt sie als gefräßig und neidisch. Verhaltensforscher weisen darauf hin, dass unter den Tauben eine brutale Hackordnung herrsche. Auch sonst haben die Vögel mit dem wenig schmeichelhaften Ruf als "Ratten der Lüfte" wenig Freunde. Dem Gartenfan vertreiben sie die Singvögel. In den Städten setzen sie mit ihren Exkrementen nicht nur historischen Gebäuden, sondern auch Passanten mächtig zu. Besonders Venedig klagt über Verätzung der wertvollen Gebäude durch Taubendreck.

Dennoch: Die Taube ist nicht nur Symbol für Frieden und den Heiligen Geist - Die Liebe bildet den letzten Teil der symbolischen Trias. Nicht von ungefähr war die Taube Gefährtin der antiken Liebesgöttinnen Aphrodite und Venus. Im alttestamentlichen Hohelied umwirbt Salomo die Frau seiner Träume mit den Worten "mach auf, meine Schwester und Freundin, meine Taube, du Makellose". Kein Wunder, dass "meine Taube" nicht erst seit Helga Beimer aus der Lindenstraße zu den beliebtesten Kosenamen zählt.