Die Vatikan-Museen als überstrapazierte Cashcow des Papstes

Arbeitsrechtliche Sammelklage

Die vatikanischen Museen sind die wichtigste Einnahmequelle des Vatikanstaats. Bis zu 30.000 Besucher am Tag spülen Geld in die Kassen. Doch diese gewaltigen Besucherströme haben ihren Preis. Den bezahlen auch die Museumsangestellten.

Vatikanische Museen / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Vatikanische Museen / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Die aus Mailand stammende Anwältin Laura Sgro kennt sich aus, wenn es um rechtliche Verfahren gegen den Vatikan geht. Sie verteidigte italienische Journalisten, die im Zuge des Vatileaks-Skandals vom Vatikan als Geheimnisverräter angeklagt wurden. Und auch Pietro Orlandi, der Bruder der vor mehr als 40 Jahren verschwundenen Vatikanbürgerin Emanula Orlandi, ist einer ihrer Klienten.

Immerhin hat sie es geschafft, dass der scheinbar aussichtslose Fall Orlandi noch einmal von der vatikanischen Justiz aufgerollt wurde und neue Beachtung fand. Inzwischen kümmert sich sogar ein Untersuchungsausschuss des italienischen Parlaments mit der ungeklärten Frage, wer in Italiens Unterwelt oder im Vatikan von dem Verschwinden wusste und wer welche Spuren verwischte.

Nun hat die mediengewandte Juristin sich einer anderen, auf den ersten Blick ebenfalls scheinbar aussichtslosen Sache angenommen. Sie vertritt die Anliegen einer Gruppe von Vatikanangestellten mit einer Art arbeitsrechtlicher Sammelklage. Wie die italienische Tageszeitung "Corriere della Sera" berichtete, sind die Klagenden 49 Angestellte der Vatikanische Museen, bis auf wenige Ausnahmen gehören sie zum Wach- und Aufsichtspersonal.

Instanzenweg unklar

In den Vatikanmuseen arbeiten rund 700 Menschen, die meisten sind italienische Staatsbürger. Allerdings haben sie gegenüber dem Vatikanstaat als Arbeitgeber nicht die Möglichkeit, vor einem italienischen Gericht zu klagen. Deshalb ist unklar, welchen Instanzenweg das Verfahren gehen wird.

Ein Arbeitsgericht im eigentlichen Sinn hat der Vatikanstaat nicht. Es gibt jedoch eine Art Schiedsstelle, bei der arbeitsrechtliche
Streitigkeiten beigelegt werden könnten. Allerdings ist es wenig wahrscheinlich, dass die kämpferische Anwältin Sgro sich mit einer solchen Lösung zufriedengeben würde.

Hohe Zahl an Überstunden

Worum aber geht es in der Sache? Am Anfang steht wie so oft die kirchliche Geldnot. Der Vatikanstaat hat mit seinen mehr als 2.000 Angestellten hohe fixe Ausgaben. Papst Franziskus hat in seinem Pontifikat manches versucht, um diese zu mindern. So hat er das früher undurchsichtige Vergabewesen für Material-Beschaffungen und handwerkliche Arbeiten im Vatikan durchsichtiger gemacht und internationalen Standards angepasst.

2015 führte er angesichts einer hohen Zahl teurer Überstunden eine Art negative Prämie für Überstunden ein. Harte Einschnitte bei den Ausgaben durch Entlassungen von Angestellten hält er jedoch für unmoralisch und konnte sie bislang weitgehend vermeiden.

Zusätzliche Besichtigungsmöglichkeiten

Auf der anderen Seite versuchte er, die Einnahmen zu steigern. Und dafür boten sich vor allem die Vatikanischen Museen an, sie sind seit langem eine veritable Cashcow des Papst-Staates. Um ihren Ertrag zu steigern, wurde die Zahl der zugelassenen Besucher erhöht, sie liegt in Spitzenzeiten jetzt bei 30.000 am Tag; zudem wurden die Eintrittspreise auf 20 Euro für das reguläre Ticket angehoben.

Zugleich wurden die Öffnungszeiten verlängert. Für besonders zahlungswillige Gäste gibt es nun zudem zusätzliche Besichtigungsmöglichkeiten außerhalb der normalen Öffnungszeiten, die sich die Museen teuer bezahlen lassen - die aber auch nicht ohne Personal zu bewältigen sind.

Schwache Klimatisierung sorgt für Probleme

Dies alles geht aus Sicht der klagenden Angestellten auf deren Kosten; aber auch auf Kosten der Sicherheit, die für solche Menschenmassen nicht ausgelegt ist. Und ein Kenner der Materie, der lange in leitender Funktion in den Museen gearbeitet hat, glaubt, dass auch die ausgestellten Kunstwerke und vor allem die weltberühmten Raffael-Fresken unter der hohen Zahl der täglich durchgeschleusten Menschen und ihren mannigfachen Ausdünstungen leiden.

Die Angestellten beklagen ferner, dass sie angesichts einer schwachen Klimatisierung vergleichsweise häufig Erste Hilfe leisten müssten, wenn Besucher Schwäche-Anfälle erleiden - was an sich nicht ihre Aufgabe als Museumswächter sei. Und dass sie selbst nicht ausreichend geschützt würden vor den gesundheitlichen Gefahren, die ein solcher Massenandrang in vergleichsweise engen Räumen mit sich bringe.

Arbeitnehmerfeindliche Regeln

Ein weiterer Grund zur Klage ist die vom Vatikanstaat geforderte Anrechnung der zwangsweise nicht geleisteten Arbeitsstunden während der Corona-Pandemie. In der Pandemie hatte der Vatikanstaat massive Verluste mit den Museen eingefahren, weil die Gehälter weiter liefen, obwohl es kaum Einnahmen gab. Schließlich geht es auch noch um Besonderheiten im vatikanischen Gesundheitssystem mit seinen Krankschreibungsregeln, die als arbeitnehmerfeindlich empfunden werden.

Arbeitgeber der Museumsangestellten ist - in Vertretung des Papstes - der Präfekt der vatikanischen Stadtregierung (des "Governatorats"), der spanische Kardinal Fernando Vergez Alzaga. Der aus dem Orden der Legionäre Christi stammende Kleriker gilt als effizienter, geräuschloser Manager. Die Herausforderung durch die klagenden Angestellten und ihre rührige Anwältin ist auch für ihn ein Novum und eine Herausforderung.

Quelle:
KNA