Die Welt-Aids-Konferenz zwischen kämpferisch und traurig-ernst

Zwischen Robin Hood und Bill Gates

Eine Woche lang tagten Tausende Teilnehmer in Wien über ein Thema, das die Welt seit mehr als drei Jahrzehnten beschäftigt: Die Hoffnung auf eine Heilmethode erfüllte die Welt-Aids-Konferenz auch diesmal nicht. Beifall gab es dennoch. Und den wiederholten Ruf, beim Kampf gegen die Krankheit nicht im Stich gelassen zu werden.

Autor/in:
Elvira Treffinger
 (DR)

Am Stand des US-Pharmakonzerns Bristol-Myers Squibb (BMS) war man vielleicht gewarnt. Als französische Aktivisten auf der Wiener Welt-Aids-Konferenz mit Megafon anrückten ("Die Gier von BMS tötet"), parierte einer der Herren im Sakko souverän: Die Firma nehme die Sorge ernst, dass nach Schließung einer Fabrik in Frankreich das Aids-Medikament Videx in der Dosierung für Kinder knapp werden könnte. Und werde für Ersatz sorgen. Das Statement gab es sogar schriftlich.

Die Aktivisten verzichteten diesmal auf die blutrote Farbe, die sie sonst gerne versprühen. Aids-Gruppen aus aller Welt traten auf der Wiener Konferenz, die am Freitag zu Ende ging, mal selbstbewusst und kämpferisch, mal samba-fröhlich auf: Für HIV-Infizierte sind solche Treffen wichtig, sagt Stefan Timmermanns von der Deutschen Aids-Hilfe, um Kraft zu tanken und zu spüren: "Du bist nicht allein."

Gegen Diskriminierung
Beim "Marsch für die Menschenrechte" durch Wien ragte die Faust aus der roten Aidsschleife. Kunterbunt mischten sich Ironisches wie "Liebe muss weitergehen", Kondome in Bonbon-Verpackung, eine Schweigeminute und Hilferufe aus Osteuropa: "Wir sind hier, damit man uns sieht", rief eine Sprecherin osteuropäischer Aids-Gruppen.

Es ging vor allem gegen die Diskriminierung von Homosexuellen, Drogenkonsumenten, Prostituierten und Häftlingen, die HIV-infiziert oder besonders gefährdet sind. Leider glänzten die meisten Regierungen Osteuropas durch Abwesenheit. Sie hatten offenbar keine Lust, über Methadon und saubere Spritzen zu diskutieren. "In Osteuropa sind Drogensüchtige schlicht der Abschaum", sagte eine Aids-Aktivistin.

Großen Beifall gab es für das südafrikanische Aidsforschungsinstitut Caprisa, das erstmals ein Vaginal-Gel erfolgreich getestet hat. Das weckt Hoffnungen, dass sich Frauen eines Tages - selbstbestimmt und ohne Zustimmung der Männer - vor einer HIV-Ansteckung beim Sex schützen können. Im Test ergab sich eine Schutzwirkung von 39 Prozent. Aber die wissenschaftliche Leiterin, Quarraisha Abdool Karim, ist überzeugt: Schon 40 Prozent Schutz sei bei hohem Risiko besser als nichts: "Wir haben den Frauen nichts anderes anzubieten, wenn ihre Männer Kondome ablehnen." Im Durchschnitt infiziere sich heute eine von fünf 18-jährigen Südafrikanerinnen mit HIV.

Vuyiseka Dubula, Chefin der südafrikanischen Treatment Action Group, forderte mit grünem Hütchen keck den Multimilliardär und Stifter Bill Gates heraus: Er möge sich doch für eine Robin-Hood-Steuer für die Reichen einsetzen, um Aidsprogramme für die Armen zu finanzieren. Der Microsoft-Gründer gab sich gönnerhaft: Er bezweifle, dass das funktionieren werde.

Auch Deutschland in der Kritik
Kritik ernteten in Wien vor allem die Regierungen der USA, Deutschlands, Österreichs und Kanadas, die Mittel für den Globalen Fonds gegen Aids, Tuberkulose und Malaria einfrieren, kürzen oder gar nicht vorsehen. Der Fonds hofft auf insgesamt 20 Milliarden Dollar für die nächsten drei Jahre, um weit mehr Menschen als die bisher 5,2 Millionen eine lebensrettende Aids-Therapie zu bieten. Etwa die Hälfte finanziert der Globale Fonds. Weitere zehn Millionen brauchen Arzneimittel.

Der Bedarf ist immens: Während heute weltweit zwei Menschen eine Therapie aufnehmen, infizieren sich fünf neu mit HIV. Deshalb soll das Tempo bei der Aids-Behandlung massiv beschleunigt, und die Kosten sollen gesenkt werden.

Ein Tröpfchen Blut genügt. Auf einer kleinen Kassette eingeschoben, kann das Gerät in Bügeleisenform namens "Daktari CD4" Klarheit schaffen. Es zählt in achteinhalb Minuten die CD4-Helferzellen im Blut, die bei der Immunschwäche rapide abnehmen. Ein schneller HIV-Test für weniger als zehn US-Dollar, verspricht der Mitarbeiter der kalifornischen Firma Daktari Diagnostics. Der Apparat soll in Kürze auf den Markt kommen, für rund 300 Dollar.

Solche transportablen Handgeräte mit Akkus möchte der frühere US-Präsident Bill Clinton bald überall in Afrika sehen. Etwa 15 Typen gibt es bereits. Das Ganze ist immer noch zu teuer, findet die Aids-Expertin von "Brot für die Welt", Astrid Berner-Rodoreda. Maximal vier Dollar dürfe ein Aids-Test kosten, um in ländlichen Gegenden Afrikas auf Dauer bezahlbar zu sein.

Sie will, dass auch die hoffnungsvollen Informationen dort in den Dörfern ankommen: Zum Beispiel, dass ein Paar, in dem ein Partner HIV-positiv ist, mit entsprechenden Medikamenten ein gesundes Kind bekommen kann. Unterdessen protestierte eine Gruppe aus Tansania plakativ gegen Korruption im Gesundheitswesen: "Ihr habt Blut an den Händen".