Die Wiener Welt-Konferenz soll den Kampf gegen Aids voranbringen

Die gebremste Krankheit im Fokus

Mit eindringlichen Appellen für das Recht auf Gesundheit ist am Sonntag in Wien die 18. Welt-Aids-Konferenz eröffnet worden. Die Internationale Aids-Gesellschaft forderte ein klares Bekenntnis zu den Menschenrechten. Der Kampf gegen Stigmatisierung, Diskriminierung und Ungleichheit der Geschlechter müsse in den Mittelpunkt der Aids-Programme rücken.

Autor/in:
Elvira Treffinger
 (DR)

An Warnungen fehlte es nicht vor Beginn der Konferenz: Der Kampf gegen die Immunschwäche darf nicht nachlassen. Denn trotz einiger Erfolge sterben jedes Jahr zwei Millionen Menschen an Aids, die meisten in Entwicklungsländern.

"2010 ist ein bedeutender Meilenstein", sagt Astrid Berner-Rodoreda vom deutschen "Aktionsbündnis gegen Aids". Im Zuge der Finanzkrise befürchten Hilfsorganisationen, dass die Industrienationen weniger Geld für Aufklärungs- und Gesundheitsprogramme weltweit bereitstellen. Der Globale Fonds gegen Aids Malaria und Tuberkulose brauche aber für die nächsten drei Jahre mindestens 20 Milliarden US-Dollar, betont die internationale Aidshilfe-Organisation ICASO.

Auch die Situation in Osteuropa und Zentralasien ist ein Schwerpunkt der fünftägigen Welt-Aids-Konferenz, zu der insgesamt 20.000 Teilnehmer und Besucher erwartet werden. Wissenschaftler, Mediziner, Politiker und Patienten wollen ein Zeichen gegen Stigmatisierung und Diskriminierung setzen. Das Motto der Konferenz lautet "Rechte hier und jetzt". Osteuropa/Zentralasien ist nach Angaben der Vereinten Nationen die einzige Weltregion, in der die Zahl der HIV-Neuinfektionen weiter steigt, vor allem bei Drogenkonsumenten. 2008 waren es 110.000. Insgesamt wird die Zahl der HIV-Positiven auf 1,5 Millionen geschätzt.

Nicht heilbar, aber behandelbar
Aids ist nicht heilbar, aber behandelbar. In wohlhabenden Ländern, wo die Versorgung mit Medikamenten gut ist, verlor die HIV-Infektion viel von ihren Schrecken. Auch in Afrika, wo zwei Drittel der 33,4 Millionen Infizierten leben, verändert der "Lazarus-Effekt" eine Menge. "Es weckt große Hoffnung, wenn die Leute sehen, dass jemand, der auf dem Sterbebett liegt, wieder aufsteht und normal seinen Alltag lebt", sagt Berner-Rodoreda, die Aids-Referentin des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt" ist. Viele Menschen seien eher bereit, sich auf HIV testen zu lassen, weil eine Behandlung möglich sei. "Doch es gibt lange Wartelisten."

In der Tat: Erst fünf Millionen Männer, Frauen und Kinder weltweit erhalten die lebensrettenden antiretroviralen Medikamente. Weitere zehn Millionen, die sie ebenfalls dringend brauchen, gehen leer aus. Damit hat die Staatengemeinschaft ihr Ziel, bis 2010 allen Aids-Patienten Zugang zu medizinischer Versorgung zu verschaffen, nicht erreicht. Auch an der Aufklärung fehlt es: Weltweit wissen nur vier von zehn Infizierten, dass sie HIV-positiv sind, schätzt UNAIDS.

"Treatment 2.0"
Eine Standard-Behandlung in Afrika kostet meist weniger als 200 Euro im Jahr, aber die Maßnahmen greifen zu langsam: Im Durchschnitt beginnen heute zwei Aids-Kranke eine Therapie, während sich fünf Menschen neu mit HIV infizieren. UNAIDS setzt daher auf eine neues Konzept. "Treatment 2.0" soll die Aids-Behandlung wirksamer, einfacher und kostengünstiger machen - und wesentlich mehr Kranke auch in entlegenen Gebieten ohne Ärzte erreichen. Bis 2025 könnten damit zehn Millionen Menschenleben gerettet werden, glauben die Aids-Experten.

Auch plädieren die UN-Hilfswerke, bei HIV-Infizierten früher mit der Medikamenten-Therapie zu beginnen, also auch bevor Aids ausbricht. Wenn die sogenannte Viruslast im Blut geringer ist, sinkt das Risiko einer Übertragung des Virus auf andere. Doch damit würden noch mehr Menschen Medikamente brauchen, die sie selbst nicht bezahlen können.