WunderBar

Diese Art von Ansteckung sollte viral gehen

„Meine ganze Nachbarschaft hilft kochen, das ist ganz wunderbar“, schreibt die Kollegin.

Käse-Lauch-Suppe / © privat (ak)
Käse-Lauch-Suppe / © privat ( ak )

Jeder Basiskurs Journalismus predigt es neu: Die guten Geschichten liegen auf der Straße. Stimmt. Stimmt sogar jetzt noch. Mitten in der Coronapandemie, in der ich das Haus kaum noch verlasse. Die echten Geschichten liegen trotzdem einfach weiter auf der Straße.

Nur, dass die Straße gerade das Internet ist.

So macht mich eine kluge und wunderbar hilfsbereite Kollegin in einer E-Mail auf einen Gast für meine Sendung „Menschen“ aufmerksam. Ich freue mich. Und will wissen, wie es ihr geht.

„Mir geht es gut. Alle sind gesund und glücklich - bis auf Corona. In Brüssel war ich lange nicht, die ganze Arbeit läuft online. Das funktioniert gut. Für die Obdachlosen gibt es gerade mehr Suppe zu kochen, weil ein Teil der Altstadt-Brauereien zu ist. Aber meine ganze Nachbarschaft hilft kochen, das ist ganz wunderbar.“

Das hier ist die WunderBar. Natürlich will ich mehr wissen, wenn jemand über Wunderbares schreibt. Ich erfahre: Die Kollegin, die sich schon lange für Obdachlose engagiert, kocht zweimal im Monat für den sogenannten Gutenachtbus in Düsseldorf. So bekam sie die von Corona verschärfte Not der Menschen auf der Straße mit.

Weil die Restaurants wegen Corona geschlossen sind, können Altstadt-Brauereien dem Gutenachtbus keine Suppe liefern. An zwei Abenden jede Woche bleiben die Menschen hungrig.

„Aber ich wohne hier in einer Sackgasse. Wir sind eine tolle Nachbarschaft. Feiern Feste auf der Straße, bekommen viel mit voneinander. Und jetzt kochen meine Nachbarinnen eben auch Suppe.“ 

Das klingt harmlos, so ein Topf Suppe ist ja schnell gekocht. „Oh, das ist eine echte Herausforderung“, erzählt die Kollegin. „20-Litertöpfe passen ja nicht auf einen normalen Herd. Wir waren alle ganz aufgeregt, wie man mit mehreren Töpfen vorkocht und dann doch alles richtig würzt.“

Das mit der richtigen Würze scheint aber zu klappen. Die Käselauchsuppe der Nachbarin ist am Bus jedenfalls der Hit.

Tja. Seit Monaten reden wir alle über Ansteckung. In der Bedeutung von Infektion, von sich anstecken. Vielleicht vergessen wir ganz, dass Anstecken noch eine andere Bedeutung hat: anzünden.

Die Kollegin hat in ihrer Nachbarschaft neue Zuneigung zu Menschen in Not entfacht.

Mal abgesehen davon, dass das natürlich wunderbar ist, finde ich: Diese Art von Ansteckung könnte doch auch mal viral gehen.