Zum zweiten Mal hintereinander muss Deutschlands größte Kulturveranstaltung im Corona-Modus stattfinden. Doch einen Monat vor dem bundesweiten "Tag des offenen Denkmals" am 12. September sieht es so aus, als habe die Pandemie den Denkmalfreunden zu einer steilen Lernkurve verholfen.
Im vergangenen Jahr fast komplett digital
Fand die Veranstaltung im vergangenen Jahr fast komplett digital statt, so erwartet die Deutsche Stiftung Denkmalschutz als Veranstalter in diesem Jahr - vorausgesetzt die Inzidenzzahlen bleiben niedrig - eine gute Mischung aus Denkmal-Veranstaltungen vor Ort und digitalen Formaten.
Der weitgehend virtuelle Denkmaltag 2020 war aus Sicht der Veranstalter zu einem Überraschungserfolg geworden. Über 1.200 Beiträge - von virtuellen Rundgängen über Foto-Collagen bis zu Audiobeiträgen - hatten kreative Denkmalfreunde aus dem gesamten Bundesgebiet auf der Veranstaltungs-Plattform platziert. In diesem Jahr liegen die bisherigen Anmeldezahlen - digital und vor Ort - darüber, auch wenn die vor der Coronazeit üblichen 8.000 zugänglichen Denkmäler nicht erreicht werden. Zu groß ist die Verunsicherung.
Digitale Erfahrungen nutzen
Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, will auf den Erfahrungen des vergangenen Jahres aufbauen: "Indem wir digitale Denkmal-Formate fest in das Programm integrieren, machen wir Denkmale und damit Kulturerlebnisse barrierefrei", freut er sich über die Weiterentwicklung. Interessierte können Denkmäler vor Ort live erleben, aber auch vom Sofa aus digital erkunden.
Der Denkmaltag 2021 steht unter dem Motto "Sein & Schein - in Geschichte, Architektur und Denkmalpflege". Die Veranstalter rücken damit Mythen und Legenden sowie Handwerkskünste in den Fokus, die das menschliche Auge hinters Licht führen - ob illusionistische Malerei aus der Zeit des Barock, Nachahmungen der Natur, Materialimitate oder die Wiedererrichtung von Bauwerken wie dem Berliner Schloss, die aus früheren Zeiten zu stammen scheinen.
"Sein & Schein"
Theaterbauten mit aufwendig gefertigten Requisiten, Lichtspieltheater oder Bahnhofkinos vereint ebenfalls die Eigenschaft, Ort oder Attribut der Repräsentation, Illusion und Inszenierung zu sein. Das Gleiche gilt für Schlossparks oder Kirchenräume. Die Stiftung hat auch zu einer Foto-Aktion aufgerufen. Gesucht werden "Denkmal-Schnappschüsse", die das Motto "Sein & Schein" aufgreifen. Die Gewinner-Fotos werden in der November-Ausgabe der Zeitschrift "Monumente" veröffentlicht.
In Regensburg und Umgebung sollen 61 Stationen für Denkmalfreunde öffnen. In Berlin sollen 300 Denkmäler für Besucher zugänglich sein. Dort hat der Landesmusikrat den "Tag der Orgel" bewusst auf diesen Tag gelegt. Von der aus dem Jahr 1755 stammenden berühmten Amalien-Orgel der Hohenzollern (heute in Karlshorst) über die Kinoorgel im "Babylon" und Drehorgeln bis zu James-Bond-Musik reicht das Angebot.
Bundesweite Eröffnung in Wittenberg
Wie für 2020 zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit geplant, soll der Denkmaltag in der Lutherstadt Wittenberg bundesweit eröffnet werden. "In Wittenbergs Altstadt finden wir nicht nur großartige Zeugnisse für den sorgsamen Erhalt originaler Denkmalsubstanz, sondern auch gute Lösungen für deren denkmalgerechte Nutzung in der Gegenwart", begründet Skudelny die Wahl. "Die Wertschätzung und sanfte Nutzung der historischen Bauten ist wegweisend für die moderne Denkmalpflege."
Künstlerische Illusionen und raffinierte Handwerkstechniken rücken dabei in den Fokus: Was etwa auf den ersten Blick wie eine aus Holz geschnitzte Kassettendecke in dem Wohnhaus des Malers Lucas Cranach erscheint, entpuppt sich als perfekt inszenierte malerische Sinnestäuschung. Auch die Frage, was an den Denkmälern original ist und was sich über die Jahrhunderte veränderte, ist an vielen Beispielen in Wittenberg darstellbar. "Mit der Frage nach der Originalität möchte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz aufzeigen, dass Denkmalpflege mehr ist als reine Fassadengestaltung", so die Veranstalter.