Diskussion nach Kritik des Papstes geht weiter

Käßmann: Lasst das Vaterunser

Nach der Kritik des Papstes an der gängigen Übersetzung des Vaterunsers schalten sich auch andere Theologen ein - Margot Käßmann und Christoph Kähler sind gegen Änderungen an dem Passus.  

Menschen halten sich an den Händen und beten das Vaterunser / © Jan Schmidt-Whitley (KNA)
Menschen halten sich an den Händen und beten das Vaterunser / © Jan Schmidt-Whitley ( KNA )

Die Theologin Margot Käßmann ist gegen Änderungen am Vaterunser. "Ich bin dafür, das Vaterunser zu belassen, wie es ist. Es geht wohl wirklich auf Jesus selbst zurück", schrieb die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in einer Kolumne für "Bild am Sonntag". Sie reagierte damit auf Überlegungen von Papst Franziskus, der den Passus "Und führe uns nicht in Versuchung" in dem Gebet kritisiert hatte. Zuvor hatte bereits die EKD die gängige Übersetzung des Vaterunsers verteidigt, wie sie in der Luther-Bibel 2017 enthalten ist.

"Wenn wir anfangen, Änderungen zu diskutieren, gibt es unzählige Kommissionen, Vorschläge, Auseinandersetzungen. Lassen wir besser das eine gemeinsame Gebet der Christenheit wirken", mahnte Käßmann, die noch bis zum nächsten Jahr als EKD-Reformationsbotschafterin tätig ist. "Wir können diesem Gebet vertrauen, wie unsere Väter und Mütter im Glauben seit vielen Generationen", betonte die Theologin in ihrer Kolumne.

Unterstützung erhält Papst Franziskus dagegen von Theologe Franz Alt. "Das, was der Papst jetzt gesagt hat, ist nicht weniger als eine geistige Revolution", sagte Alt der "Bild am Sonntag". Er sei überzeugt, dass "die Hälfte der Jesusworte, so wie sie in unseren Bibeln stehen, falsch übersetzt oder gar bewusste Fälschungen sind". Es helfe, sich klarzumachen, wie das Neue Testament entstanden sei. Und: "Die Bibel ist Menschenwort über die Erfahrung von Gott", sagte Alt.

"Nur Satan führt in Versuchung"

Papst Franziskus hatte im italienischen Fernsehen Kritik an dem deutschen Gebetstext geäußert. Er vertrat laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung die Auffassung, nur Satan führe in Versuchung. Es sei, "nicht Gott, der den Menschen in die Versuchung stürzt, um dann zuzusehen, wie er fällt". Der Papst soll die verbindliche Umformulierung begrüßt haben, die die französische Kirche unlängst vorgenommen habe. In jeder französischen Messe auf der ganzen Welt werde nun gebetet: "Und lass uns nicht in Versuchung geraten".

In der Luther-Bibel 2017 heißt es sowohl im Evangelium des Matthäus wie auch im Evangelium des Lukas: "Und führe uns nicht in Versuchung." "Dabei bleiben wir auch", teilte die EKD am Freitag auf ihrer Facebook-Seite mit. Die Luther-Bibel 2017 wurde anlässlich des 500. Reformationsjubiläums neu überarbeitet.

Ringen mit Gott Teil der Theologie

Der Theologe Christoph Kähler, der die Revision der Lutherbibel 2017 geleitet hat, sieht ebenfalls keinen Bedarf für eine Änderung des Vaterunsers. "Das ist sprachlich richtig, außerdem gutes Deutsch", sagte der frühere Thüringer Landesbischof dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Lutherbibel, die katholische Einheitsübersetzung und die reformierte Zürcher Bibel übersetzten diese Stelle genau so.

Das Ringen mit Gott über das Leid und das Böse sei Teil christlicher Theologie. "Deshalb würde ich auch aus theologischer Sicht nichts am Vaterunser ändern", ergänzte Kähler. Das Vaterunser gilt als erstes Gebet der Christen. Es wird weltweit gesprochen und liegt in zahlreichen Übersetzungen vor.


Margot Käßmann / © Meiko Herrmann (KNA)
Margot Käßmann / © Meiko Herrmann ( KNA )
Quelle:
epd