DKP-Aktivist Uwe Koopmann durfte in den 70er Jahren nicht Lehrer werden

"Blauer Brief" stoppte Lehrerkarriere

Der "blaue Brief" kam kurz vor dem ersten Arbeitstag. Uwe Koopmann wollte 1977 seinen Dienst als Deutsch- und Geschichtslehrer an einer Schule in Niedersachsen antreten, als das Schulministerium in Hannover einschritt. "Man teilte mir mit, dass Zweifel an meiner Verfassungstreue bestehen", sagt der heute 64-Jährige. Der "Radikalenerlass" durchkreuzte seine Lebensplanung.

Autor/in:
Martin Teigeler
 (DR)

"Ich war von heute auf morgen arbeitslos", sagt Koopmann mit leiser Stimme. "Am Freitag hatte ich mein Referendariat beendet, am Montag stand ich vor meiner ersten Schule, durfte aber nicht arbeiten." Er fing notgedrungen als Hilfskraft bei einem Buchbinder an.



Das Berufsverbot traf den jungen Mann, weil er bei der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) aktiv war. "Ich komme eigentlich aus einer christlichen Ecke, habe aber irgendwann gemerkt, dass man mit Fürbitten politisch nichts erreicht", sagt Koopmann. Anfang der 70er Jahre engagierte er sich in der DDR-treuen DKP.



Vor Gericht gegen "Gesinnungs-TÜV"

Die 68er, der Terror der RAF, das "rote Jahrzehnt" führte zu einer harschen Gegenreaktion der Bundesrepublik. Für Lehrer, Postboten, Lokführer und andere Staatsdiener wurde eine Art "Gesinnungs-TÜV" gestartet. Am 28. Januar 1972 fassten Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) und die Ministerpräsidenten der mehrheitlich Unions-geführten Bundesländer den sogenannten Extremistenbeschluss. Die Anordnung an alle Staatsbehörden besagte: Anhänger radikaler politischer Gruppierungen sind vom öffentlichen Dienst fernzuhalten.



Der Staat hatte Angst, dass Koopmann und Genossen die Schüler indoktrinieren könnten - der Lehrer als Propagandist?



Radikalisierte Angehörige der Außerparlamentarischen Opposition (APO) hatten einen "Marsch durch die Institutionen" angekündigt. Zu ihnen zählten Kriegsdienstverweigerer, Ostermarschierer und Radikaldemokraten, engagierte Studenten und Schüler, Intellektuelle - und eben auch die Kommunisten der DKP.



Koopmann zog jahrelang gegen das Berufsverbot vor Gericht. Er scheiterte in mehreren Instanzen. "Dabei hatten zahlreiche Schüler für mich protestiert." Die Anhörungen vor den Verwaltungsgerichten seien für ihn "Zirkusveranstaltungen" gewesen, erinnert er sich. "Der Verfassungsschutz warf mir vor, in einer Kneipe an einer DKP-Veranstaltung teilgenommen zu haben." Auch ein Leserbrief an eine Partei-Zeitung wurde als "Beweis" angeführt.



Zu den Betroffenen des Erlasses zählte auch die spätere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Weil sie in den 70ern bei einer maoistischen Vereinigung aktiv war, konnte die Aachenerin erst mit jahrelanger Verspätung Lehrerin werden.



Für Uwe Koopmann begann eine jahrelange berufliche Odyssee. "Erst 1992 durfte ich in NRW Lehrer werden", erzählt er mit einem spöttischen Lachen in der Stimme.



Dass ein DKP-Mitglied kein Agitator im Klassenzimmer sein muss, beweist sein Werdegang: Koopmann wurde im vergangenen Jahr als Landesverbindungslehrer in NRW wiedergewählt. Er ist Vertrauensmann für die Schülervertretungen an Rhein und Ruhr. Heute ist er Lehrer an der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule Dormagen.



Die Gerichtsbeschlüsse zum Berufsverbot gegen ihn seien allerdings nie aufgehoben worden, sagt Koopmann.