Domdechant Kleine erklärt Domschließung zu Karneval

"Kein Rosenkranz an Rosenmontag"

Der Kölner Stadt- und Domdechant Monsignore Robert Kleine kümmert sich um den Schutz des Kölner Domes und seine Besucher. Gerade an Karneval ist das eine Herausforderung, erst recht seit den Ereignissen der Silvesternacht.

Msgr. Robert Kleine, Stadt- und Domdechant / © Jörg Loeffke (KNA)
Msgr. Robert Kleine, Stadt- und Domdechant / © Jörg Loeffke ( KNA )

KNA: Monsignore Kleine, wie stellt sich der Kölner Dom auf Karneval ein?

Kleine: Zunächst einmal freuen sich alle, die am Kölner Dom arbeiten, auf den Karneval, der ja auch ein kirchliches Fundament hat. Aber natürlich ist in diesem Jahr vieles anders. Wir müssen alles tun, dass sich solche schlimmen Vorkommnisse wie an Silvester nicht wiederholen und die Freude und Fröhlichkeit überschatten. Davor haben viele Angst. Die Leute fragen sich, ob sie Weiberfastnacht wie sonst nach Köln kommen sollen. Da ist eine starke Polizeipräsenz gefordert, eine Achtsamkeit aufeinander und sicherlich auch Zivilcourage. Nur so lässt sich verhindern, dass es wieder zu einer solchen Zusammenrottung kommt mit diesen unsäglichen Übergriffen.

KNA: Was ändert sich am Dom an den Tollen Tagen?

Kleine: Wir feiern an Karneval natürlich auch Gottesdienste, reduzieren sie aber etwas, weil wir den Dom über weite Teile aus Sicherheitsgründen geschlossen halten. Damit wollen wir verhindern, dass zum Beispiel Angetrunkene hier ihr Unwesen treiben. Wer aber von den Narren etwa vor dem Feiern in den Dom kommen möchte, kann das bis zehn Uhr tun. Die späteren Gottesdienste fallen dann aus. Daher leider kein Rosenkranz an Rosenmontag...

KNA: Darf man denn kostümiert in den Gottesdienst?

Kleine: Ja, wenn es noch zur Würde der Feier passt, denn diese findet morgens statt, bevor das große Treiben losgeht. Es ist auch guter Brauch, dass das Dreigestirn an Weiberfastnacht morgens an der Schmuckmadonna eine Kerze anzündet. Aber wer schon einmal Karneval hier auf der Domplatte war, kann gut verstehen, dass die Kathedrale danach zu bleibt, genau wie manch andere Kirche in der Innenstadt. Wir haben natürlich wie immer eine Wache im Dom, die Tag und Nacht im Einsatz ist.

KNA: Ist es das richtige Signal, den Dom an solchen Tagen zu schließen? Er könnte ja auch als Zufluchtsort dienen, wenn Gefahr droht.

Kleine: Das sehe ich nicht so. Wir können doch nicht mit zwei Domschweizern sicherstellen, dass jemand, der verfolgt wird, in den Dom kommt, die Verfolger aber nicht. Wenn der Dom geöffnet ist, steht er allen offen, aber er ist kein Zufluchtsort in dem Sinne, dass da Leute hereinkommen und dann das Hauptportal schnell geschlossen werden kann. Diese Vorstellung ist illusorisch. So sehe ich auch nicht die Aufgabe des Domes.

KNA: Ein großes Ärgernis gerade an Karneval sind die sogenannten Wildpinkler in der Domumgebung...

Kleine: Deshalb werden wir in diesem Jahr erstmals die Westfassade mit dem Hauptportal, das auch die Heilige Pforte ist, an Weiberfastnacht und Rosenmontag mit Gittern absperren. Dass jemand dort seine Notdurft verrichtet, können wir nicht hinnehmen. Die Nordseite wird bereits seit einiger Zeit entsprechend abgesperrt.

KNA: Wie schwer ist es überhaupt, den Besuchern bewusst zu machen, dass sie an einem religiösen Ort sind und nicht nur in einer touristischen Sehenswürdigkeit?

Kleine: Der sakrale Raum zieht die allermeisten Menschen in einer positiven Weise in den Bann. Aber ich habe das Gefühl, dass in unserer Gesellschaft immer weniger bekannt ist, wie man mit einem gewissen Anstand und Respekt in ein Gotteshaus geht. Manche versuchen, mit Hund und Getränken durch den Dom zu schlendern. Andere behalten ihren Hut auf. Wenn die Domschweizer dann freundlich bitten, die Würde des religiösen Ortes zu respektieren, sorgt das öfter für erregte Diskussionen. Wenn Sie in eine Moschee gehen, gebietet es der Respekt, die Schuhe auszuziehen. In einer Synagoge trägt man eine Kopfbedeckung. In der Kirche ist es eben umgekehrt. Manche verstehen das, andere argumentieren, dass der Dom ein öffentlicher Raum ist.

Aber das ist er eben nicht. Der Dom ist und bleibt in erster Linie ein Gotteshaus. Im allerschlimmsten Fall müssen wir von unserem Hausrecht Gebrauch machen und bitten, den Dom zu verlassen.

KNA: Ein Problem sind offenbar auch Taschendiebe.

Kleine: Das haben wir leider gerade in der Weihnachtszeit erlebt oder überhaupt, wenn es im Dom sehr voll ist. Auch wenn Leute vor dem Dom auf den Einlass warteten, kam es schon zu Taschendiebstählen. Das ist schlimm. Wir finden auch manchmal leere Portemonnaies im Dom, die ein Dieb bei uns hinschmeißt. Da sind dann mitunter noch ADAC-, Gesundheitskarten oder andere Papiere drin, auch von ausländischen Touristen. Wir versuchen dann, ihnen wenigstens diese Sachen zukommen zu lassen.

KNA: Haben sie den Eindruck, dass die Polizei jetzt noch stärker vertreten ist in der Domumgebung?

Kleine: Nach den Vorkommnissen von Silvester nehme ich mehr Polizeiwagen und Fußstreifen wahr. Die Beamten tragen jetzt in der Regel gelbe Westen, so dass man sie schon von weitem erkennen und sich an sie wenden kann. Vonseiten der Kirche verurteilen wir aufs Schärfste, dass es jetzt plötzlich zu Gegengewalt und so etwas wie Selbstjustiz in Form von sogenannten Bürgerwehren kommt. Politik, Polizei und Justiz müssen die Geschehnisse von Silvester mit klarem Kopf aufarbeiten und dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholt - nicht nur am Dom und nicht nur mit Blick auf die kommenden närrischen Tage.

KNA: Wie feiern Sie persönlich Karneval?

Kleine: An Weiberfastnacht bin ich erst morgens im Dom. Und da ich Feldhillije bei den Kölner Altstädtern bin, also eine Art Regimentskaplan, gehe ich dann kurz zum Alter Markt. Anschließend bin ich meistens eingeladen zu einem Empfang. Da trinke ich dann ein, zwei Kölsch und bin dann am Nachmittag in Ruhe zu Hause. Am Karnevalssonntag gucke ich mir die Schull- und Veedelszöch vom Rand an, und beim Rosenmontagszug fahre ich selber auf einem Wagen der Altstädter mit. Da werfe ich dann Kamelle und Strüssjer und bin beruhigt, dass der Dom zu ist.

Das Interview führte Sabine Kleyboldt.


Quelle:
KNA