Herausgekommen ist eine katholische Gardinenpredigt, in der der 62-Jährige mit der eigenen Partei abrechnet. Der aus dem Rheinland stammende Ordensmann gehört ihr seit 1966 an und klebte für sie als Zehnjähriger Plakate im Wahlkampf. Auf seine Mitwirkung in weiteren Wahlkämpfen möge man jedoch verzichten, schreibt Ockenfels im Vorwort, schließlich seien Kleriker zur parteipolitischen Zurückhaltung verpflichtet. Dass seine Bestandsaufnahme wenige Wochen vor der Bundestagswahl veröffentlicht wurde, steht für sich.
Keine politische Heimat mehr
Dem Dominikaner geht es um die Gretchenfrage, die auch der Kölner Kardinal Joachim Meisner schon einmal stellte: «CDU - wie hältst du's mit dem 'C', mit der Religion, mit dem Christentum, mit seiner Moral, mit seinem Recht, mit seiner Kirche?» Nach Meinung des Ordensmannes hat das Bemühen der Partei um ständige Modernisierung zu Identitätsverlusten geführt. Das Christliche spiegle sich in der Partei nicht mehr eindeutig wider. Frühere Stammwähler fänden in ihr keine politische Heimat mehr.
Dass trotz der derzeit positiven Umfragen auch die CDU einen zunehmenden Wählerexodus zu verkraften haben wird, darauf verweisen auch Parteienforscher. Die gute alte Zeit, als die Partei im Westen Deutschlands vom rheinischen Katholizismus geprägt war, gehört der Vergangenheit an. Unter der Regie von Angela Merkel scheine die CDU nicht nur säkularer und liberaler, sondern auch protestantischer geworden zu sein, konstatiert Ockenfels: «Diese Tendenz macht sich auch in der Konfessionszugehörigkeit ihres Spitzenpersonals bemerkbar.»
Zuflucht in einem «oberflächlichen Pragmatismus»
Von der CDU erwarte keiner, päpstlicher zu sein als der Papst, so der Ordensmann. Aber nur die «magische Mitte» anzusprechen, reiche nicht aus. Für kirchengebundene Christen sei nicht mehr die wirtschafts- und sozialpolitische Ausrichtung der Parteien entscheidend, sondern das «C». Doch von ihren christlichen Wurzeln habe sich die CDU weitgehend entfernt und suche stattdessen Zuflucht in einem «oberflächlichen Pragmatismus».
Der Union fehle ein klarer Kurs zur Überwindung der heutigen Krisen, bemerkt Ockenfels. Kanzler wie Adenauer und Kohl werden bei ihm verklärt und mit Nachsicht bewertet. Allerdings sei der Lebensschutz auch schon in der schwarz-gelben Kohl-Regierung unter die Räder gekommen, räumt der Ordenspriester ein und erinnert an die Neuregelung des Paragrafen 218. Heftiger geht er mit Merkel ins Gericht. So wirft er ihr zwar nicht vor, geschieden und wiederverheiratet zu sein. Das komme inzwischen «ja leider auch in katholischen Familien» vor. Der Protestantin scheine aber insgesamt mehr an Physik als an Metaphysik zu liegen, schreibt der Dominikaner.
Vier Seiten lang kritisiert er, dass die Kanzlerin sich mit Papst Benedikt XVI. in Sachen Holocaust-Leugner Williamson angelegt habe. Zudem bekommen die CDU-Ministerinnen Annette Schavan und Ursula von der Leyen von ihm ihr Fett weg. Enttäuschte Christen, die der CDU den Rücken kehren wollen, mahnt Ockenfels, sich das noch einmal zu überlegen. Schließlich verzichteten sie dann auch darauf, von innen heraus auf die Partei einzuwirken. Wer bleibe, müsse sich ins Zeug legen und Verbündete suchen. Die C-Partei dürfe sich nicht länger daran vorbeidrücken, wie sie es wirklich mit den christlichen Werten halte.
Hinweis: Das Buch «Das hohe C» von Wolfgang Ockenfels ist im Sankt Ulrich Verlag Augsburg erschienen und kostet 16,90 Euro.
Dominikaner Ockenfels sorgt sich um das "hohe C" in der CDU
Eine katholische Gardinenpredigt mitten im Wahlkampf
Für ihre scharfen Worte sind die Dominikaner bekannt. In der jüngeren Vergangenheit machte Pater Basilius Streithofen (gest. 2006) seinem Namen als Querdenker alle Ehre. In diesen Tagen hat nun sein Mitbruder Wolfgang Ockenfels zum Rundumschlag gegen die CDU ausgeholt. Der Trierer Sozialwissenschaftler fragt sich in seinem neuen Buch "Das hohe C", wohin die Partei steuert.
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