DOMRADIO.DE: Gestern Abend bist Du erst angekommen, hast Du schon ein paar Eindrücke sammeln können von Jerusalem?
Renardo Schlegelmilch (DOMRADIO.DE-Reporter): Jerusalem ist schon eine faszinierende Stadt. Man hat das Gefühl, dass man realisieren muss, dass das alles hier wirklich so existiert. Man hat immer schon davon gehört: vom Felsendom, der Grabeskirche, von dem armenischen Viertel - und dann wirklich da drin zu stehen und durch die Gassen zu gehen - das, finde ich, ist etwas Besonderes.
Jerusalem ist noch mal etwas anderes als London und die ganzen Großstädte, weil man von denen mehr ein Bild hat. Wenn man dann aber wirklich durch die Straßen von Jerusalem geht, schaut man bloß staunend durch die Gegend. Es ist eine sehr saubere Stadt, eine sehr freundliche Stadt, das hätte ich beides nicht so erwartet.
DOMRADIO.DE: Du bist in der Dormitio-Abtei untergekommen - das ist die deutsche Benediktinerabtei auf dem Berg Zion. Wie kann ich mir das da vorstellen?
Schlegelmilch: Die Abtei liegt quasi direkt vor den Mauern der Altstadt. Das ist eine deutsche Kirche, eine Abtei mit einem angeschlossenen Kloster und ich hätte es nicht so trubelig erwartet. Sieben Benediktinerbrüder sind hier und erfüllen ihren Dienst. Aber es gibt viel mehr Menschen. Die Abtei hat nämlich auch ein Gästehaus, in dem Studenten und Freiwillige arbeiten. Da bin ich auch untergebracht. Und es gibt jede Menge Pilger, die zu den Gottesdiensten, zu den Gebeten, immer dazukommen.
Was ich sehr bezeichnend finde, ist die Ökumene in dieser Stadt. Wenn ich zum Beispiel von der Abtei zu meiner Unterkunft möchte, muss ich direkt am Grab von König David vorbei - das ist ein jüdisches Heiligtum - und direkt im gleichen Gebäude, eine Etage darüber, befindet sich der Abendmahlssaal, was wiederum ein christliches Heiligtum ist. Und all das vielleicht 20 Meter von meinem Bett und meiner Unterkunft entfernt.
DOMRADIO.DE: Heute dann also der Palmsonntag, wird der in Jerusalem anders gefeiert als bei uns?
Schlegelmilch: Im Prinzip läuft es genauso ab wie bei uns zu Hause auch. Gestern Abend haben die Feierlichkeiten schon angefangen mit der Vesper zum Palmsonntag. Das ist auch wieder etwas Besonderes, wenn man die Lieder, in denen es um Jerusalem geht, wirklich an dem Ort singt, der in den Liedern auch vorkommt.
Am Palmsonntag findet dann um 10 Uhr das Hochamt mit Palmsegnung statt. Also, alles genau wie es zu Hause auch ist. Zwei Bischöfe haben sich hier noch angegkündigt.
Der große Unterschied ist, dass es danach am Nachmittag um 15 Uhr noch zur Palmprozession geht. Die findet auf dem Ölberg statt und führt den gleichen Weg entlang, den auch Jesus gegangen sein soll, als er am Palmsonntag in Jerusalem eingezogen ist.
Das Interview führte Hilde Regeniter.