"Don Camillo"-Erfinder Giovanni Guareschi wäre heute 100 Jahre alt geworden

Zeitlose Streiter

Manche Komödienmotive sind unverwüstlich. Zum Beispiel dieses: Eine wehrhafte geistliche Autorität, oft ein Landpfarrer, kämpft gegen einen weltlichen Gegenspieler, zumeist den örtlichen Bürgermeister. Und obwohl sich beide Streithähne voller Elan bekriegen, sind sie einander doch von Herzen zugetan.

Autor/in:
Guido Bee
 (DR)

Das ist trotz der vielen Neuauflagen immer noch recht lustig. Und doch sind all die Nonnen, Pfarrer und Bürgermeister, die sich auf der Mattscheibe ein Scharmützel nach dem anderen liefern, nur ein matter Abklatsch von Don Camillo und Peppone, jenem unschlagbaren Rivalenpaar der frühen Nachkriegszeit. Ihr Erfinder, der italienische Publizist Giovanni Guareschi, wurde vor 100 Jahren, am 1. Mai 1908, geboren.

Die kleine Welt des Don Camillo
Guareschi war bereits für eine Reihe von Blättern tätig, als er 1936
Chefredakteur der humoristischen Wochenzeitung "Bertoldo" wurde. 1943
geriet er für zwei Jahre in deutsche Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Rückkehr gründete und leitete er die Wochenzeitung "Candido". Hier erschienen ab 1946 die Geschichten, die ihn berühmt machten und die er ab 1948, beginnend mit "Die kleine Welt des Don Camillo", in Buchform herausbrachte.

Ihr Titelheld, der Pfarrer des kleinen Dorfs Brescello in der Poebene, verkörpert trotz seines mitunter rauhbeinigen Verhaltens einen eher traditionellen Katholizismus, der durch die Aktivitäten des kommunistischen Bürgermeisters Peppone immer wieder auf die Probe gestellt wird. Ein beständig wiederkehrendes Element der Geschichten sind Camillos Zwiegespräche mit dem Kruzifiz in seiner Kirche, auf die der Heiland, wenn sich der Pfarrer nicht allzu verstockt zeigt, auch antwortet.

Damals wie heute mit Charme und Humor
So heiter und schwankhaft die Erzählungen um Don Camillo und Peppone
auch angelegt sind: Grundlage der Geschichte ist die ernste Situation
des verarmten Nachkriegsitaliens, die für den Christdemokraten Guareschi nur dadurch zu bewältigen war, dass sich die Vertreter der einander gegenüberstehenden Weltanschauungen aufeinander zubewegten - genau wie Camillo und Peppone, die neben persönlichen Sympathien auch dadurch miteinander verbunden sind, dass beide im Krieg gegen die Faschisten gekämpft haben.

Auf kirchlicher Seite stießen Guareschis Geschichten keinesfalls nur auf Gegenliebe, entsprach doch der oft unbeherrschte und rauflustige Camillo in vielen Punkten nicht dem Idealbild eines Priesters. Noch stärker aber störten sich die Kommunisten an der Figur des Peppone. Guareschis Geschichten, kritisierte die kommunistische Zeitung L'Unita, zeichneten ein verzerrtes Bild der Bauern- und Arbeiterwelt der Region Emilia, und das Symbol dieser verfälschten Welt sei die Figur des Bürgermeisters. Guareschi nahm derlei Kritik mit Humor und bemerkte, immerhin habe er doch in seinen Erzählungen etwas ganz Unmögliches geschafft, nämlich einen Kommunisten sympathisch zu machen.

Guareschi war an den fünf Verfilmungen der Don-Camillo-Geschichten maßgeblich beteiligt. Er unterstützte auch die ungewöhnliche Entscheidung, die Hauptrolle mit einem Franzosen, dem berühmten Fernandel, zu besetzen. Der komödiantische Furor, mit dem sich Fernandel die Rolle des Don Camillo zu eigen machte, trug maßgeblich zum internationalen Erfolg der Filme bei und ist wohl auch der entscheidende Grund dafür, dass sich der Charme und der Humor dieser Filme bis heute erstaunlich ungebrochen erhalten haben.

Camillo und Peppone leben weiter
Guareschi starb am 22. Juli 1968 an einem Herzinfarkt. Sein Dörfchen Brescello ist noch heute ein beliebtes Touristenziel, auch wenn sich dort wenig von dem Lokalkolorit erhalten hat, der Guareschis Bücher auszeichnet. Camillo und Peppone aber leben weiter. Sie haben sich ihren bleibenden Platz in der Literaturgeschichte erstritten, und dies "erstritten" ist hier unbedingt wörtlich zu nehmen.