Startschuss für Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Donnergrollen auf der Museumsinsel

Berlins Museumslandschaft ist mit 4,2 Millionen Besuchen ein Touristenmagnet. Ein Gutachten sieht aber Luft nach oben. Größtes Hindernis: die Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Bei der Reform wollen viele mitreden.

Autor/in:
Anna Mertens
Museumsinsel / © Chitarra (shutterstock)

Das Urteil ließ im Juli kein Missverstehen zu. Der Wissenschaftsrat hatte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) - im Auftrag von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) - unter die Lupe genommen und stellte ihr trotz manchem Lob für 60 Jahre getane Arbeit ein vernichtendes Zeugnis aus: Die Stiftung hemme, schränke ein, kurzum sie müsse in ihrer jetzigen Form aufgelöst werden. Seither brodelt es in der Museumslandschaft. Nun hat der Stiftungsrat getagt und eine Reformkommission beschlossen.

Die SPK wurde 1957 gegründet, um nach der Auflösung Preußens dessen Sammlungen als gesamtdeutsches Erbe zu erhalten. Bund und Länder tragen die Dachorganisation, die rund 2.000 Mitarbeiter beschäftigt, gemeinsam, wobei die Mittel der Länder seit Jahren abnehmen, während der Bund stetig mehr zahlt.

Großees Potential

Unter dem Dach zusammengefasst sind die Staatlichen Museen zu Berlin, die Staatsbibliothek zu Berlin, das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, das Staatliche Institut für Musikforschung und das Ibero-Amerikanische Institut. Die Museen verzeichneten zuletzt rund 4,2 Millionen Besuche im Jahr.

Aus Sicht des Wissenschaftsrats ist das Potenzial der Museen und Institute "herausragend und großartig", wird aber bei weitem nicht ausgeschöpft. Die "dysfunktionale" Dachstruktur der Stiftung schränke die Weiterentwicklung der Einrichtungen ein. Gründe seien "tief gestaffelte Hierarchien und unklare Entscheidungsprozesse", so die Gutachter. Die Museen und Institute müssten mehr Autonomie erhalten: fachlich und finanziell.

Starke strukturelle Defizite

Beim Besucherservice der Museen gebe es so starke strukturelle Defizite, dass man im internationalen Vergleich hinterherhinke, erläuterte die Mitautorin Marina Münkler. Auch sei der Etat der Museen zu gering, und es fehle an Personal. Weitere Mängel sieht das Gutachten bei Forschungsförderung und Digitalisierung.

SPK-Präsident Hermann Parzinger reagierte gefasst auf die harsche Kritik. Seine Mitarbeiter sähen die Notwendigkeit der Reform. Diese solle gut und transparent verlaufen. Aber: "Mit der Auflösung allein ist es allerdings nicht getan, es kommt auf das Wie an", so Parzinger.

Forderungen der Politik

Grütters erwartet, dass der beginnende Reformprozess sicher "kein Sprint, sondern ein Marathon" wird, der sich mindestens über drei bis fünf Jahre hinzieht. Im September wird sich voraussichtlich der Kulturausschuss des Bundestages mit den Empfehlungen befassen.

Nach der Veröffentlichung des Gutachtens hieß es zunächst, dass eine kleine Kommission rund um Grütters und Parzinger ohne Beteiligung der Museen die Reform anstoßen solle. Das führte zu einem offenen Brief der Museumsdirektoren. "Wir brauchen keine Gruppe, die ohne uns und über unsere Köpfe hinweg darüber berät, wie die Lage der Staatlichen Museen zu Berlin zu verbessern ist", hielten die Direktoren darin fest. Generaldirektor Michael Eissenhauer, sonst nicht für Protest bekannt, unterschrieb den Appell zwar nicht selbst, aber hatte Platz auf dem gemeinsamen Internetauftritt der Museen eingeräumt.

Ein langer Weg

Die Direktoren unterstützen das Votum des Wissenschaftsrates zur Stiftung "energisch": Hierarchien müssten abgeflacht werden, Planungs-, Handlungs- und Steuerungsspielräume der einzelnen Einrichtungen fehlten nahezu vollständig, die Mittel seien zu knapp und müssten schnellstmöglich erhöht werden. "Die finanzielle Decke ist so dünn, das keine langfristige Planung möglich ist." Dabei präsentierten die Direktoren sich als reformbereite Einheit.

Nun steht fest, dass die Reform doch möglichst gemeinsam gestemmt werden soll. In der am Mittwochabend beschlossenen Reformkommission unter Vorsitz von Grütters sollen Bund, Länder, Stiftungspräsident, Vizepräsident und die Vertretung einer SPK-Einrichtung mitwirken, wie die Kulturstaatsministerin am Donnerstag mitteilte.

Die Kommission sei ein "effizientes Steuerungsinstrument", das zugleich das Wissen der Mitarbeiter einbinde und externe Berater zulasse. Man wolle baldmöglichst "eine Roadmap mit Zielen, Varianten und Meilensteinen für den angehenden Reformprozess" erarbeiten.

Parzinger bekräftigte, dass die Einrichtungen "künftig autonomer und mit größerer Eigenverantwortung agieren" sollten.


Quelle:
KNA