Dr. Gerhard Feige, Bischof von Magdeburg

Bischöfe zum Advent: 9. Dezember

Oftmals geht es in unserer Welt recht gnaden- und heillos zu. Eigenartigerweise verdichtet sich dieser Eindruck manchmal gerade in der Advents- und Weihnachtszeit. Vor drei Jahren war es die Tsunami-Welle in Südostasien, die uns erschütterte, weitere Naturkatastrophen verheerenden Ausmaßes sind gefolgt. Fast täglich kann man von Terroranschlägen hören, weltweit ist die Infektion mit dem HIV-Virus rapide gestiegen. Und in unserer Gesellschaft erhöht sich der Druck. Leistung ist gefragt, Jugendlichkeit, Schönheit, Perfektion und Flexibilität. Wer da nicht mithalten kann bleibt gnadenlos auf der Strecke.

 (DR)

Andererseits gehen viele menschliche Beziehungen in die Brüche. Schnell sind für Versagen und Schwächen Sündenböcke gefunden, nehmen Vorurteile und Unterstellungen anderen die Luft zum Atmen. Kein Wunder, wenn manche angesichts all dessen mutlos und bitter werden. Was aber haben wir dem entgegen zu setzen?

Wie können wir Weihnachten feiern ohne in die Illusion einer heilen Welt zu flüchten, die uns ja oft mitten in den Feiertagen sehr schnell schon wieder zerbrechen kann? Wie kann uns das erreichen und verändern, was im Brief des Apostels Paulus an Titus zu hören ist: "Die Gnade Gottes ist erschienen um alle Menschen zu retten".

Wo ist diese Gnade denn spürbar? Wie wirkt sie sich aus? Was ist denn anders geworden seitdem Gott Mensch geworden ist? Ist die Welt seitdem weniger gnadenlos? Solche Fragen können uns Christen schwer belasten. Gott ist als kleines, ohnmächtiges, verletzliches Kind in diese Welt gekommen. Auf diesem Weg ist die Gnade erschienen. Nicht in einer alles umstürzenden Revolution, nicht mit Pauken und Trompeten. Nicht mit einem Sozialprogramm, mit dem ein für alle mal Hunger, Armut, Ungerechtigkeit beseitig werden könnten.

Gott hat den Weg eines Kindes gewählt. Damit zeigt er auf elementare Weise wie er uns nahe sein will. Er teilt alle unsere Bedingungen, unser Menschsein von der Wiege bis zur Bahre, unsere Freuden und Schmerzen, ja sogar die Gnadenlosigkeit einer gewaltsamen und ungerechten Hinrichtung. So ist er mit uns solidarisch, bis ins Innerste und bis zum Äußersten.

Die Botschaft von Weihnachten kann dann heißen: Wir sind nie mehr allein. Was auch immer geschieht, da ist einer der um alles weiß und uns nahe ist. Ich bin da, sagt er, wenn wir uns freuen. Ich bin da, sagt er, wenn wir Angst haben und einsam sind. Ich bin da, sagt er, wenn wir schließlich dem Sterben und dem Tod ins Auge sehen müssen. Gott wurde wirklich Mensch - werde du es auch.