"Es darf keine Ramschpreise für Lebensmittel mehr geben", sagte Özdemir der "Bild am Sonntag". Sie trieben Bauernhöfe in den Ruin, verhinderten mehr Tierwohl, beförderten das Artensterben und belasteten das Klima.
Tierwohl, Klima- und Umweltschutz
Zugleich sei klar, dass Lebensmittel nicht zum "Luxusgut" werden dürften, so Özdemir. Er habe aber manchmal "das Gefühl, ein gutes Motoröl ist uns wichtiger als ein gutes Salatöl". Die Preise müssten stärker "die ökologische Wahrheit" ausdrücken. Dabei gebe es drei wichtige Ziele: "ein sicheres Einkommen für unsere Bauern, gesundes Essen für uns alle sowie mehr Tierwohl, Klima- und Umweltschutz".
Zu lange habe es geheißen, dass die Tierhaltung so weiterlaufen könne wie bislang, kritisierte der Minister. "Ich will nicht länger zusehen, dass Betriebe nur die Wahl haben zwischen Wachsen oder Weichen." Die meisten Tierhalter gingen mit ihren Tieren gut um. Er sehe sich indes "auch als obersten Tierschützer dieses Landes", betonte Özdemir.
So solle 2022 eine "klar verständliche Tierhaltungskennzeichnung auf Fleisch" kommen. Zudem solle die Verpflegung in öffentlichen Einrichtungen stärker auf regional und bio umgestellt werden, sagte der Minister. Zugleich erklärte er: "Ich diktiere keine Speisepläne und bin selbst Genießer." Es brauche aber verbindliche Reduktionsziele für Inhaltsstoffe wie Zucker, Fett und Salz.
"Ökologisches und Soziales nicht trennen"
Özdemirs Vorstoß stieß auf geteiltes Echo. Der Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, sagte der Zeitung "Welt" (Montag), höhere Auflagen beim Tierwohl würden ohnehin zu höheren Preisen führen. "Bei dieser Spirale, die man dann lostritt, muss man aufpassen, dass die kleinen Bauern nicht hinten runterfallen."
Mit Blick auf Sozialhilfeempfänger forderte Schneider, entsprechende Preissteigerungen müssten mit deutlich höheren Regelsätze einhergehen. "Man kann Ökologisches und Soziales nicht trennen. Es geht nur ökosozial, sonst verliert man die Unterstützung der Bevölkerung", so Schneider. Richtig findet er Özdemirs Forderung nach gesünderen Fertigprodukten. Die Bevölkerung müsse sich darauf verlassen können, dass sie in einem ganz normalen Supermarkt nur Produkte bekommt, die bei einem normalen Konsum nicht schadet.
"Nicht jeder kann sich Bio-Produkte leisten"
Auch die Union erklärte, man werde genau auf die sozialen Auswirkungen achten, denn "nicht jeder kann sich Bio-Produkte leisten", so der Unions-Vizefraktionsvorsitzende Steffen Bilger (CDU). Er sieht eine Gefahr durch möglichen Import günstigerer Lebensmittel aus dem Ausland.
Über die Ziele herrsche doch längst Einigkeit in der Gesellschaft, sagte Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU): mehr Tierwohl, gesunde Nahrungsmittel, mehr Klimaschutz, Biodiversität und gutes Einkommen für die Bauern. So wie die Regierung das angehe, werde es aber nicht funktionieren, sagte Kaniber. Die Bauern brauchten "nicht mehr Verbote und Auflagen, sondern faire Erlöse". Die Ampel schwanke zwischen "Verboten der Grünen und maximaler Marktliberalisierung der FDP. Der Markt habe aber schon bisher zu immer größeren Betrieben geführt.