Dresdner Stadtrat entscheidet Bürgerbegehren

Gefeilsche um UNESCO-Welterbe

Die Standpunkte der Befürworter und Gegner der Dresdner Waldschlößchenbrücke prallen unverändert aufeinander. Obwohl die Bauarbeiten im Elbtal unermüdlich fortgesetzt werden, geht es derzeit vor allem um eine grundsätzliche Frage: Brücke oder Tunnel? Heute stimmt der Stadtrat zum zweiten Mal über das Bürgerbegehren Elbtunnel und einen Bürgerentscheid ab.

Autor/in:
Romy Richter
 (DR)

In der Diskussion überbieten sich beide Lager gegenseitig mit höheren Kostenprognosen für das jeweilige Projekt der Gegenseite. Die Stadtverwaltung hält die Angaben der Tunnel-Initiative für illusorisch. Die Tunnel-Befürworter kritisieren wiederum, dass die Stadt die Kosten für eine unterirdische Elbquerung zu hoch und für eine Brücke zu niedrig ansetze. Die Gesamtkosten für den Bau der Waldschlößchenbrücke werden von der Stadtverwaltung auf rund 157 Millionen Euro beziffert. Zu den Gesamtkosten für einen Tunnel will sich die Stadt nicht äußern, weil es dazu keine Planung gebe. Sie geht aber von Mehrkosten zwischen 60 und 67 Millionen Euro aus. Die Tunnel-Befürworter sprechen lediglich von zusätzlich etwa sechs Millionen Euro, die durch Entschädigungen und Umbauten anfielen.

Die Tunnel-Initiative gibt die Baukosten für eine vierspurige unterirdische Elbquerung mit 150 bis 177 Millionen Euro an und beruft sich dabei auf mehrere Gutachten. Ralf Weber, Mit-Initiator des Tunnel-Begehrens, verweist zudem auf stark gestiegene Stahlpreise, die seit 2004 fast um das Dreifache angezogen hätten. Er sagt, dadurch werde der Brückenbau erheblich teurer als ursprünglich geplant. Da diese Steigerung bei einem Tunnelbau nicht so stark ins Gewicht falle, könnte diese Variante aus seiner Sicht am Ende sogar noch preiswerter ausfallen als eine Brücke. Diese Argumentation weist die Stadt wiederum strikt als falsch zurück. Daraus könne keine Kostenerhöhung abgeleitet werden, hieß es.

Uneins auch bei der Frage der Folgekosten
Uneins ist man sich auch bei der Frage der Folgekosten. Die Stadtverwaltung gibt die jährlichen reinen Betriebskosten für die Brücke mit 50 000 Euro und für den Tunnel mit 370 000 Euro an und verweist darauf, dass die Tunnel-Befürworter für die Brücke unter anderem auch Rückstellungen für künftige Instandhaltungen und Arbeiten an landschaftspflegerischen Ausgleichsmaßnahmen einbezogen hätten.

Die Tunnel-Initiative wiederum geht davon aus, dass die Betriebskosten für den Elbtunnel deutlich unter denen der Brückenlösung liegen. Für Betrieb, Wartung und Unterhalt der Brücke müssten aus ihrer Sicht mehr als eine Million Euro jährlich eingeplant werden. Die Kosten für den Tunnel summieren sich nach ihren Angaben aus Wartungs- und Unterhaltskosten von 220 000 Euro, Betriebskosten von 268 000 Euro sowie Betriebskosten für die Abluftzentrale von 340 000 auf insgesamt 828 000 Euro. Damit sei der Tunnel immer noch günstiger als die Brücke.

Zurückzahlung von Fördermitteln in Höhe von 96 Millionen Euro?
Auch der drohende Verlust des Welterbe-Titels könnte mit finanziellen Konsequenzen verbunden sein. Nach Angaben der Tunnel-Initiative droht eine Zurückzahlung von Fördermitteln in Höhe von 96 Millionen Euro - Stadt und die CDU-geführte sächsische Staatskanzlei bestreiten dies. Indes hat Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) bereits mehrfach zugesichert, mögliche Mehrkosten für einen Tunnelbau zu übernehmen.

Der amtierende Dresdner Oberbürgermeister Lutz Vogel (parteilos) hat bereits vor der Stadtrats-Abstimmung angekündigt, erneut Widerspruch zu erheben. Dann müsste als nächste Instanz das Regierungspräsidium entscheiden. Dieses wiederum hatte bereits zuvor ebenfalls Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bürgerbegehrens geäußert. Sollte es den Parlamentsbeschluss für ungültig erklären, könnten die Stadträte Klage beim Verwaltungsgericht Dresden einreichen. Bei einem Widerspruch in diesem Verfahren würde der Fall dann weiter am Oberverwaltungsgericht Bautzen verhandelt.

Nebenbei wird auch noch einmal die Kleine Hufeisennase ins Spiel kommen. Am 19. Juni wird vor dem Verwaltungsgericht die Klage von drei Naturschutzverbänden gegen den Brückenbau im Hauptsacheverfahren verhandelt. Die Grüne Liga rechnet bereits damit, dass der Rechtsstreit unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens mindestens in die Berufung vor das Oberverwaltungsgericht geht. Doch spätestens nach der Entscheidung des Welterbekomitees im Juli wird es zumindest über den eigentlichen Anlass des ganzen Streits Klarheit geben - die "Welterbeverträglichkeit" eines Bauwerks im Elbtal.