Drittes Spitzentreffen von Kirchen und Rabbinern in Deutschland

Einig im Sonntagsschutz

Hochrangige Vertreter von Kirchen und Juden in Deutschland haben sich am Montag in Düsseldorf zu ihrem dritten Spitzengespräch getroffen. Dabei hoben sie die Bedeutung des Sonntags und des Sabbats für moderne Gesellschaften hervor. Wenn der Sonntagsschutz aus Konsum- und Wirtschaftsgründen aufgeweicht werde, führe das zur "sozialen und kulturellen Verarmung", warnte der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff.

 (DR)

Die Hektik des Alltags mache viele Menschen krank. Umso wichtiger sei der sonntägliche Freiraum zum Innehalten.

Landesrabbiner William Wolff aus Schwerin beklagte, die meisten Juden in Europa hielten die Sabbatgebote nicht mehr ein. "So verschwindet das gelebte Judentum in den säkularen Gesellschaften Europas." Wer die Gebote aber einhalte, bekomme 24 Stunden Zeit geschenkt, in der er keine Mails lesen, kein Handy benutzen und kein Auto fahren müsse. "Dann haben wir Zeit für Geist, Gott und Familie", so Wolff. Darin liege auch ein Teil der Bedeutung des christlichen Sonntags. "Je mehr Geschäfte öffnen, umso weniger Zeit bleibt übrig."

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hob hervor, dass der christliche Sonntag im jüdischen Sabbat wurzele. Christentum und Judentum seien in dieser Frage eng verbunden. Auch Mussinghoff, der die Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz leitet, verglich den Sonntag mit dem Sabbat. Beide böten Gläubigen die Chance, ihre Gottesbeziehung in "geschütztem Raum" zu pflegen.

Das Thema des dritten offiziellen Treffens von Rabbinern und Kirchen lautete "Sabbat und Sonntag". Zuvor hatten die Geistlichen in einem nicht-öffentlichen Gespräch über die "Glaubensweitergabe an die junge Generation" gesprochen. Die neue lateinische Karfreitagsfürbitte in der katholischen Kirche war nach Angaben des Aachener Bischofs kein Gesprächsthema. Der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz (ARK), Rabbiner Henry G. Brandt, bilanzierte, die internen Gespräche seien "exzellent" verlaufen.

Nach dem dritten Treffen dürfe man nicht "zur Normalität des Nichtredens" zurückkehren, so Brandt. "Ich hoffe, dass wir uns im nächsten Jahr in Hamburg wieder treffen werden". Beide Seiten müssten lernen, eine "offene Sprache" zu finden und "ohne Angst" Unterschiede anzusprechen. Der Deutsche Koordinierungsrat (DKR) der christlich-jüdischen Gesellschaften, der die Spitzentreffen seit 2006 ausrichtet, hatte vor der Veranstaltung die Befürchtung geäußert, die Kirchen wollten die Gespräche nur noch alle zwei Jahre durchführen. Laut Mussinghoff wird derzeit zwar eine neue Gesprächsform erwogen. Es solle aber beim Jahresrhythmus bleiben.