Druck auf die Regierung Siniora wächst

Libanon unregierbar?

Die libanesische Opposition demonstriert seit Freitag mit teilweise mehreren tausend Demonstranten vor dem Regierungsgebäude. Die Demonstranten verlangen einen Rücktritt der Regierung Siniora. Bei einem Eingriff der Regierungstruppen am Sonntag starb mindestens ein Demonstrant. Ein Sturz der Regierung oder deren Umbildung zugunsten der Hisbollah würde den Libanon zurück in die Abhängigkeit von Damaskus führen meinen Experten. Das wollen die pro-westlichen, anti-syrischen Sunniten sowie die USA und Israel verhindern.

 (DR)

Nach dem Beginn einer Großdemonstration am Freitag richten sich alle Beteiligten auf einen Demonstrationsmarathon ein. Hunderte Oppositionsanhänger verbringen auch die Nächte in Zelten vor dem Beiruter Regierungsgebäude, tagsüber demonstrieren Tausende vor dem Regierungssitz. Durch die Vermittlung des saudischen Botschafters in Beirut konnte erreicht werden, dass die Demonstranten zumindest einen Zugang zum Regierungsgebäude ermöglichen. Ursprünglich war von den Hisbollah-Anhängern eine "totale Blockade" geplant.

Zwei Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber
"Der Libanon erlebt eine neue kritische Phase der Polarisierung", so Christian Hanelt, Nahostexperte der Bertelsmannstiftung. Durch die Ermordung des Anti-syrischen Präsidentschaftskandidaten, Rafik Hariris, und die anschließende Zedernrevolution einerseits sowie durch den Krieg mit Israel andererseits hätten sich zwei polarisierende Gruppen gebildet, die um Macht und Einfluss ringen, analysiert Hanelt die Lage. Ob die Situation weiter eskaliert, würde auch davon abhängen, wie sich die die gemäßigten arabischen Staaten und die USA verhielten.

Steinmeier unterstützt prowestliche Regierung
Schon seit längerem zeichnete sich ab, dass die pro-syrischen oppositionellen Kräfte um Hisbollah und den maronitischen Christen, General Michel Aoun erstarken. Sechs pro-syrische Minister der schiitischen Parteien Hisbollah und Amal waren Mitte November aus der Regierung ausgetreten. Parlamentspräsident Nabih Berri, Chef der kleineren schiitischen "Amal-Miliz", ist seit dem Krieg gegen Israel mit der Hisbollah verbündet und weigert sich Gesetzentwürfe ins Parlament einzubringen. Die Ermordung des pro-westlichen Industrieminister Pierre Gemayel am 21. November zeigte eine weitere Eskalationsstufe an. Mit seinem Besuch im Libanon auch der deutsche Außenminister Steinmeier die Regierung Siniora Unterstützen. Der Besuch sei "eine Geste der Unterstützung für die libanesische Unabhängigkeit"

Christ ist Zentralfigur der Opposition
Die Opposition hat sich um den Christenführer Michel Aoun gescharrt. Der bleibt seinem Zweckbündnis mit der Hisbollah vorerst treu. Seit der Zedernrevolution ist Aoun mit den prowestlichen Parteien verfeindet, da diese ihm keinen prominenten Platz in ihrer Koalition überließen. Durch das Bündnis mit der schiitischen Hisbollah sieht Aoun nun die Chance, nach einer Machtübernahme Staatspräsident des Libanon zu werden. Dieses Amt ist laut Verfassung  einem Christ vorbehalten. Den Regierungschef stellen die Sunniten, der Parlamentspräsident muss Schiit sein.