Stadtdechant über Abschiebung einer Familie aus dem Irak

"Im Fall der Fälle auch Kirchenasyl"

Nasim Hirani und seine junge christliche Familie sind aus dem Irak nach Düsseldorf geflüchtet - und in der St. Lambertus-Gemeinde heimisch geworden. Ihnen droht die Abschiebung. Düsseldorfs Stadtdechant Hennes will das verhindern.

Familie Hirani aus dem Irak nach der Taufe / © Ulrich Hennes (DR)
Familie Hirani aus dem Irak nach der Taufe / © Ulrich Hennes ( DR )

domradio.de: Am Sonntag haben sie noch die Tochter der Familie getauft und jetzt die drohende Abschiebung, was geht da in Ihnen vor?

Msgr. Ulrich Hennes (Stadtdechant von Düsseldorf und Pfarrer von St. Lambertus): Zunächst einmal ist da das Gefühl von einer unglaublichen Ungerechtigkeit. Da wir nun wirklich wissen, was im Nordirak los ist, wie dort Christen verfolgt worden sind, wie dort eine Bedrohungssituation vorliegt, die wir uns gar nicht vorstellen können. Der Irak gehört ja wirklich zu den Ländern auf der Welt, wo Christen um ihr Leib und Leben fürchten müssen. 

domradio.de: Die Hiranis sind hochschwanger aus dem Nordirak geflohen. In dem Abschiebebescheid steht nun, dass sie dort nicht unter religiöser Verfolgung sondern bloß Mobbing gelitten hätten. Können Sie das nachvollziehen?

Hennes: Überhaupt nicht. Anscheinend ist da nicht anständig von einem Sachbearbeiter die Aktenlage angeschaut worden. Anscheinend wurde sich nicht erkundigt, was dort genau im Irak los ist.

domradio.de: Was würde es für Mutter, Vater und Kind bedeuten, wenn Sie zurückkehren müssten in den Irak?

Hennes: Das möchte ich mir gar nicht ausmalen. Das wäre die Katastrophe schlechthin. Weil ich davon nicht ausgehe und die Hoffnung habe, dass alles, was wir hier rechtlich tun können, greifen wird, möchte ich mir das nicht ausmalen.

domradio.de: Jetzt leben die Hiranis seit Anfang des Jahres bei Ihnen in der Gemeinde. Was sagen denn Ihre Gemeindemitglieder zu der ganzen Sache?

Hennes: Die sind sehr solidarisch und stehen voll dahinter, dass wir diese Familie unterstützen und alles dafür tun, dass sie hier bleiben kann.

domradio.de: Haben Sie das Thema schon im Gottesdienst thematisiert oder haben Sie mit den Gemeindemitgliedern schon drüber sprechen können?

Hennes: Ja, natürlich. Auch im Rahmen der Taufe haben wir das Thema behandelt. Und die Predigt am Sonntag gab dazu Anlass, zum Gebet für die Familie aufzufordern und nichts unversucht zu lassen. Es hat dafür auch spontanen Applaus gegeben.

domradio.de: Die Familie hat 30 Tage Zeit, das Land zu verlassen, sonst droht die Abschiebung. Natürlich kann sie noch Widerspruch dagegen einlegen. Aber gehen wir einmal davon aus, es kommt zum Schlimmsten. Wie werden Sie als Gemeinde dann vorgehen?

Hennes: Also erstmal kommt es nicht zum Schlimmsten. Gestern ist bereits der Einspruch eingelegt worden. Der zuständige Dezernent, der zukünftige Stadtdirektor von Köln, hat mit gestern Abend nach dem Gottesdienst bereits gesagt, dass er sich die Akten hat kommen lassen. Es kommt eine neue Anhörung, weil durch die Geburt eines Kindes ohnehin das ganze Verfahren von vorne beginnt. Insofern ist erst einmal ganz viel Zeit gewonnen. Der Bescheid ist schon aufgehoben, weil das Kind geboren ist. Da sind einige etwas zu schnell gewesen und der Dezernent hat zugesagt, sich persönlich darum zu kümmern. Wenn es doch irgendwann anders kommen sollte, was ich jetzt nicht erwarte, ist die Gemeinde sicher zu mehr bereit. Heute Abend auf der Kirchenvorstandssitzung wollen wir beschließen, dass wir im Fall der Fälle auch bereit wären Kirchenasyl zu gewähren.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

 

Ulrich Hennes, Stadtdechant von Düsseldorf / © Wolfgang Radtke (KNA)
Ulrich Hennes, Stadtdechant von Düsseldorf / © Wolfgang Radtke ( KNA )
Quelle:
DR