Echternach erwartet Tausende zur Springprozession

Mehr als Folklore

"Drei Schritte vor und zwei zurück." Wer mühevolle Entscheidungsfindungen beklagen will, der spricht gerne von einer "Echternacher Springprozession". Am Dienstag findet sie wieder statt, wie seit womöglich mehr als tausend Jahren. In diesem Jahr hat sie eine besondere Dimension.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

Echternach feiert den 1.350. Geburtstag des heiligen Willibrord, dessen Verehrung den Ursprung der Prozession bildet.

Die Veranstalter erwarten, dass in diesem Jahr mehr Pilger und mehr Zuschauer zur Prozession kommen. Erstmals werden auch orthodoxe Bischöfe und Würdenträger weiterer Konfessionen teilnehmen. Zum Jubiläum sollen auch Bischöfe aus anderen katholischen Kirchen Europas die kleine 4.000-Einwohner-Gemeinde im Osten des Großherzogtums Luxemburg besuchen. Mit 12.000 und 15.000 Teilnehmer rechnen die Organisatoren in jedem Fall zur Prozession - nicht eingerechnet die zahlreichen Zuschauer, die die Straßen säumen werden. Bei schönem Wetter könnten es aber durchaus noch erheblich mehr werden.

Bei der Prozession wird auch heute noch gesprungen - aber nicht so vermeintlich ziellos, wie es das Sprichwort glauben machen möchte.
Gesprungen wird erst nach rechts, dann nach links und immer auch ein bisschen nach vorne. Frauen in weißen Blusen und dunklen Röcken, Männer im weißen Hemd und mit blauen oder schwarzen Hosen zeigen, wie es geht. Sie haben in den Ehrenplatz am Ende des Prozessionszuges.
Ganz vorne schreitet feierlich die Feuerwehr der Gemeinde am Grenzflüsschen Sauer aus, geschultert die zierliche Willibrord-Statue, die die Prozession anführt.

Glaubt man alten Chroniken, so gab es in der Vergangenheit aber tatsächlich unterschiedliche Formen der Springprozession. Das Klischee des Vor und Zurück soll vor allem darauf zurückzuführen sein, dass beim Stocken des Prozessionszuges die Pilger auf der Stelle springen mussten. Für Beobachter habe daraus den Eindruck entstehen können, sie seien zunächst nach vorne, dann wieder nach hinten gesprungen.

Etwa eine Stunde dauert der eigentliche Prozessionsweg, der sein Ende am Grab des Heiligen in der Krypta der Basilika findet. Begleitet werden die zahlreichen Pilger aus den Benelux-Ländern und Deutschland dabei von Musikkapellen, die alle die gleiche Weise spielen - ein Volkslied, das im Laufe der Zeit immer reicher gestaltet wurde. Eine Melodie, die von einem Trierer Musiker 1850 in ihre heutige Form gebracht wurde.

Die Tradition der Springprozession ist aber weit älter. Eine Erwähnung von Sprüngen zu Ehren des heiligen Willibrord haben Historiker bereits in Urkunden aus dem elften Jahrhundert entdeckt.
Ob damit die Echternacher Prozession gemeint war, ist freilich nicht völlig sicher. Springprozessionen gab es zumindest im Mittelalter auch in anderen Teilen der Eifel, etwa in Prüm. Sicher ist aber, dass Echternach schon früh nach dem Tod des heiligen Willibrord 739 die Pilgermassen anzog.

Doch warum überhaupt gesprungen wird, das liegt im Dunkeln. Eine der Theorien besagt, die Springprozession ahme das Fallen von Epileptikern nach, denn Willibrord wurde gegen diese Krankheit angerufen. Andere sehen in der Tanzprozession den Ausdruck lebensbejahender Freude. Moderne Interpretationen deuten die durchaus anstrengende Fortbewegungsart als "Beten mit den Füßen". Und nicht zuletzt sei es ein Gemeinschaftserlebnis, denn die Teilnehmer der Prozession sind durch Tücher miteinander verbunden.