Kardinal Gulbinowicz soll Breslauer Ehrenbürgerschaft verlieren

Ehemalige Bischofsstadt distanziert sich

​Zuerst verbot der Vatikan dem polnischen Kardinal Henryk Gulbinowicz unter anderem die Nutzung von Bischofsinsignien. Nun distanziert sich auch seine ehemalige Bischofsstadt Breslau von ihm.

Symbolbild Missbrauch, Schatten eines Kreuzes / © Taigi (shutterstock)
Symbolbild Missbrauch, Schatten eines Kreuzes / © Taigi ( shutterstock )

Der parteilose Bürgermeister Jacek Sutryk sprach sich am Montag dafür aus, Gulbinowicz die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen. Er werde die diesbezüglichen Anträge an den Stadtrat unterstützen, schrieb er via Facebook und Twitter.

Missbrauchsvorwüfe gegen Gulbinowicz

Der 97-jährige Kardinal wird des sexuellen Missbrauchs eines Jugendlichen und der Zusammenarbeit mit dem früheren kommunistischen Geheimdienst beschuldigt. Die Vatikanbotschaft in Warschau hatte am Freitag mitgeteilt, dass ihm die Teilnahme an öffentlichen Gottesdiensten und Treffen untersagt sei. Zudem schloss der Vatikan eine Trauerfeier und Beisetzung in der Kathedrale nach seinem Tod aus. Gulbinowicz war von 1976 bis 2004 Erzbischof von Breslau. 1985 machte ihn Papst Johannes Paul II. (1978-2005) zum Kardinal.

Der katholische Bürgermeister Sutryk betonte, er empfinde Wut, dass die Kirche "nicht vermochte, wirkungsvoll gegen Menschen vorzugehen, die anderen Leid zugefügt haben". Er denke jetzt am meisten an die "Verletzten und Erniedrigten". Schlechtes Benehmen und Verbrechen müssten gebrandmarkt und bestraft werden.

Weitere Forderungen

Linke Abgeordnete des polnischen Parlaments forderten unterdessen Staatspräsident Andrzej Duda auf, Gulbinowicz den Orden des Weißen Adlers abzuerkennen. Sein Vorgänger Lech Kaczynski hatte die höchste Auszeichnung der Republik 2009 dem Kardinal übergeben und ihm dabei besonders für seine Unterstützung der Gewerkschaft und Freiheitsbewegung Solidarnosc in den 80er Jahren gedankt. Die Sejm-Abgeordneten erklärten zur Begründung ihrer Initiative, die jüngste Entwicklung zeige, dass der Kardinal weder Respekt noch Wertschätzung hervorrufe.

Der Sprecher des Erzbistums Breslau hatte sich am Freitag bei den Menschen entschuldigt, die von Gulbinowicz verletzt worden seien. Der Dichter Karol Chum hatte den Kardinal im Mai 2019 öffentlich beschuldigt, ihn als Priesterseminarist 1990 kurz nach seinem 16. Geburtstag in der Bischofsresidenz sexuell missbraucht zu haben. Darauf leitete das Erzbistum Breslau eine Untersuchung ein. Gulbinowicz wies die Anschuldigung zurück. Wegen Verjährung wies die Staatsanwaltschaft Chums Strafanzeige ab.


Kardinal Henryk Roman Gulbinowicz im Jahr 1998 / © Stephan Branahl (KNA)
Kardinal Henryk Roman Gulbinowicz im Jahr 1998 / © Stephan Branahl ( KNA )
Quelle:
KNA