Ehemaliger Doppeldeckerbus wird zum Raum der Begegnung

Kirche auf Rädern

Wenn Menschen nicht in die Kirche gehen, dann muss die Kirche zu den Menschen gebracht werden: Ein alter Bus in Karlsruhe wird zu einer mobilen Begegnungsstätte. Das Projekt verantworten die katholische und evangelische Kirche.

Doppeldecker-Sightseeingbus (Symbolbild) / © Kennerth Kullman (shutterstock)
Doppeldecker-Sightseeingbus (Symbolbild) / © Kennerth Kullman ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie bauen einen doppelstöckigen ehemaligen Sightseeing-Bus aus. Wie weit sind Sie damit?

Göran Schmidt (evangelischer Diakon, Abteilung Missionarische Dienste in der Evangelischen Landeskirche Baden): Gerade wird die Grundsubstanz erneuert. Das ist ein alter Bus. Das heißt, es war viel zu tun. Am Gerüst, an der Stahlkonstruktion, an dem Fußboden haben wir vieles ausgebessert, erneuert, geschweißt, grundiert, lackiert. Und jetzt ist der Zeitpunkt, an dem wir den Innenausbau starten können.

DOMRADIO.DE: Wie kam die Idee auf, diesen Bus auszubauen?

Schmidt: Wenn Menschen nicht zur Kirche kommen, dann können wir mit der Kirche zu den Menschen gehen. Aber nicht so wie man sich das vorstellt, mit einem Gebäude im Gepäck, sondern als Menschen, um in Beziehung zu treten mit anderen. Die Frage war: Wie können wir in einem neu entstehenden Stadtteil - Karlsruhe-Neureut, wo perspektivisch 10.000 Menschen bauen und hinziehen werden - die Menschen betreuen, junge Familien mit Kindern auf Spielplätzen? Wie können wir da mit der Kirche vor Ort bei den Menschen sein? Wie kann man mobil bleiben und trotzdem verlässlich bei den Menschen vor Ort sein? Und dann ist die Idee mit dem Bus entstanden, weil der viel Platz bietet. Er hat zwei Etagen und da kann man einiges drin machen.

DOMRADIO.DE: Wo wollen Sie da die Menschen später abholen?

Schmidt: Wir stellen uns Dorf- und Spielplätze vor, also da, wo Kinder und Familien sind. Aber dadurch, dass man mobil ist, muss man es nicht ganz genau entscheiden, man kann sich auch ein bisschen leiten lassen von den Plätzen, an denen Menschen zusammenkommen, wo Treffen entstehen, wo Hotspots sind. Vor Vereinen, vor Sporthallen, wo offene Türen und offene Herzen sind. Es soll Spiel- und Kirchenangebote geben für Kinder und Erwachsene, Familien, kunterbunt. Aber auch für gestresste Bauherren oder Familien, die gerade irgendwie im Streit miteinander sind, Glaubenskurse für Suchende oder Gottesdienste zu Zeiten, die zu den Menschen passen. Das kann ganz vielfältig sein. Das Programm ist noch gar nicht so wichtig. Erstmal kommt der Aufbruch.

DOMRADIO.DE: Jetzt steht ja der Innenausbau an. Wie soll der Bus am Ende aussehen? Haben Sie da schon konkrete Vorhaben?

Schmidt: Es geht um Beziehungsgestaltung. Wir wollen mit Menschen in Beziehung treten als Kirche, als Doppelstockbus-Gemeinde. Und deshalb ist ein Café ganz wichtig, mit hochwertigen Speisen und Getränken, die nachhaltig, regional und fair produziert sind. Es soll guten Kaffee geben. Es soll eine Barista-Ausbildung geben für Ehrenamtliche, die dann auch den Kaffee machen, Foodtruck-mäßig mit komplett eingerichteter Gastro-Küche und einem kleinen Bereich zum Sitzen. Oben gibt es einen Andachtsraum mit einer kleinen Bühne und Spiele- und Bastelangebote für Kinder. Eine Lounge für Jugendliche mit einer Leinwand und einer Nintendo Wii. Das ist ganz multifunktional. Der Bus ist aber begrenzt, deshalb ist der Platz, wo er steht, dann eben auch Kirche. Eine Kirche, die sich nicht einschließt in den Bus, sondern die raus geht. Raus aus dem Bus, in die Lebenswelten der Menschen.

DOMRADIO.DE: Und Sie touren umher und kommen dann auch wieder an den gleichen Ort zurück?

Schmidt: Genau das ist ein wichtiger Akzent ist: Dass der Bus beweglich ist, aber trotzdem verlässlich bleibt. Er ist jede Woche zu bestimmten Zeiten bei den immer gleichen Menschen. Der Ort kann auch mal wechseln, aber das ist kein Eventbus, wie man das von Spielemobilen kennt, die jede Woche woanders sind und ein Jahr später erst wieder am gleichen Ort. Getragen wird er ja auch von Ehrenamtlichen, die wir gerade noch finden, die jetzt schon den Bus mit umbauen und die dann auch Ansprechpartner sind und die Angebote vorbereiten. Es wird eine Gemeinde sein, die stark von Ehrenamtlichen geprägt ist. Und die Hauptamtliche, oder der Hauptamtliche, ist dann eher in einer Coaching- und Begleitungsfunktion für die Ehrenamtlichen.

Das Interview führte Florian Helbig.

Quelle:
DR