Ansteckungen, Verbreitungen, Vermehrungen - keine Worte, die in Zeiten einer Pandemie auf viel Gefallen stoßen. Das muss nun auch das Friedenslicht aus Bethlehem erfahren. Seit 35 Jahren tourt es in der Vorweihnachtszeit durch Europa, breitet sich stetig aus und bringt die Weihnachtsbotschaft nicht nur in die Kirchen. Im zweiten Pandemie-Winter muss die kleine Flamme erneut mit Herausforderungen kämpfen.
Kreative Ideen
Grund zum Verzweifeln ist das nicht. Schon im vergangenen Jahr wurden die Pfadfinder, die klassischerweise das Licht verbreiten, kreativ. Im nordrhein-westfälischen Plettenberg zum Beispiel gab es auf einem Schulparkplatz einen "Drive In" - das Friedenslicht wurde einfach durch das Autofenster gereicht. Und die Krypta des Essener Doms öffnete für einen "Walk In" ihre Türen.
Im Bremer Rathaus erstrahlte das Friedenslicht gar zum ersten Mal - und zog von dort aus weitere Kreise in Notunterkünfte für Wohnungslose. Und in Hamburg leuchtete das Licht aus der Geburtsgrotte neben Schulen und Altenheimen auch in der Seemannsmission, beim Obdachlosenmagazin und in der Bahnhofsmission.
Aktion "Friedenslicht aus Bethlehem"
Die Aktion "Friedenslicht aus Bethlehem" wurde 1986 vom Österreichischen Rundfunk (ORF) ins Leben gerufen. Jedes Jahr im November entzündet ein Kind in der Geburtsgrotte in Bethlehem eine Kerze. In der Grotte der Bethlehemer Geburtskirche wird der Tradition nach die Geburtsstätte Jesu Christi verankert.
Mit dem Flugzeug wird das Friedenslicht zunächst nach Wien gebracht. Von dort aus verteilen Pfadfinder es in ganz Europa. Seit 1994 kommt es regelmäßig nach Deutschland.
Einschränkungen durch Corona
Doch schon im vergangenen Jahr konnte wegen der Corona-Beschränkungen kein Kind aus Österreich ins Heilige Land fliegen. Stattdessen entzündete die damals neunjährige Christin Maria Khoury aus Bethlehem das Licht - und zeigte sich stolz, Teil dieser langen Weihnachtstradition zu sein.
Auch 2021 konnte das diesjährige Friedenslichtkind, ein elfjähriger Jungfeuerwehrmann, nicht die Reise zur Geburtsgrotte antreten. Seine Aufgabe übernahm erneut ein Mädchen aus Bethlehem. Mittlerweile ist das Licht bereits in Österreich angekommen und wartet darauf, sich in ganz Europa zu verbreiten.
Alternativen zum geplanten Aussendungsgottesdienst
Doch der für den dritten Adventssamstag im Salzburger Dom geplante Aussendungsgottesdienst wird wohl nicht in der geplanten Form stattfinden können. Die etwa 1.200 Delegierten aus mehr als 20 Ländern müssen sich nun Alternativen überlegen - auch für die Aussendung, die einen Tag nach der Aktion in Österreich in Deutschland stattfinden soll. "Friedensnetz - ein Licht, das alle verbindet" ist das diesjährige Motto. Es muss möglichst kontaktarm umgesetzt werden.
Leider sei der Zeitpunkt gekommen, um auf "Plan B" umzuschwenken, schreiben die Sprecher der deutschen Friedenslicht AG im November an die teilnehmenden Verbände. Eine "richtige Delegationsfahrt" sei unter den aktuellen Umständen nicht zu verantworten. Trotzdem: "Die kleine Flamme aus Bethlehem verbindet uns trotz des Abstands und verbindet uns schon immer mit allen Menschen in den verschiedenen Ländern, bei denen das Friedenslicht brennt", heißt es da.
Friedenslicht bis zur Grenze
Das Friedenslicht kommt wohl bis zur österreichisch-deutschen Grenze, erklärten die Ringe deutscher Pfadfinderinnen- und Pfadfinderverbände der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) auf Nachfrage. Dort wird es dann von den deutschen Pfadfindern in Empfang genommen. Wo genau das sein wird - ob an Bahnhöfen, Straßenkreuzungen, auf freiem Felde, das ist noch unklar.
Das Friendslicht dürfte derweil munter weiterstrahlen. Mit der Überwindung von Grenzen kennt es sich aus: 1989 brannte es auch schon an der gerade geöffneten Berliner Mauer.