Für ein Kirchenoberhaupt wie Franziskus, das die persönliche Begegnung liebt, begann 2021 ernüchternd. Ein weiteres Pandemie-Jahr mit Kontaktbeschränkungen, Audienzen im kleinsten Rahmen und wenigen Reisen. So stand ganz zu Beginn des Jahres die Impfung gegen Covid-19 an. Derweil quälte der Ischiasnerv den Pontifex. Und es sollten weitere Gesundheitsprobleme folgen.
Letztlich wurde 2021 aber trotz der Widrigkeiten ein Jahr voll päpstlichem Tatendrang und historischen Ereignissen. Andere Baustellen bleiben indes. So steht weiter die Kurienreform aus. Und der große Finanzstrafprozess hat begonnen, wird aber dauern. Auch steht es nicht gut um die wirtschaftliche Lage des Vatikan. Neue Kardinäle gab es wider Erwarten keine. Und die Pandemie beschäftigt den Vatikan wie alle Staaten auch im kommenden Jahr: Einlasskontrollen und Auffrischimpfungen stehen auf der Tagesordnung.
Startschuss zur Weltsynode
Als "historisch" wurde die Irak-Reise von Franziskus Anfang März betitelt. Nie zuvor sei ein katholisches Kirchenoberhaupt im Lande Abrahams gewesen, sagte Franziskus selbst. Nun sei es trotz Pandemie nach Jahren des Terrors und Krieges möglich geworden.
Während die Osterfeierlichkeiten noch in begrenztem Rahmen stattfanden, empfing Franziskus nach langer Pandemie-Pause im Mai wieder Gäste zur Generalaudienz. Wenig später kündigte er dann die Weltsynode an. Ein zweijähriger Prozess, der in der Bischofssynode 2023 gipfeln soll. Der eigentliche Startschuss folgte im Oktober.
Kirche in unruhigen Fahrwassern
Im Frühsommer kam es in der deutschen katholischen Kirche, aber auch weit darüber hinaus zu großer Aufregung, als der international sehr bekannte Münchner Kardinal Reinhard Marx infolge der Missbrauchskrise dem Papst seinen Rücktritt anbot. Franziskus lehnte ab: Er brauche Marx noch als Oberhirten.
Die sonst ruhigere Sommerzeit im Vatikan begann indes mit einem Schockmoment: Papst ins Krankenhaus eingeliefert, titelten Zeitungen. Anfang Juli wurde das Kirchenoberhaupt am Darm operiert, um eine komplexe und sehr schmerzhafte Darmverengung zu entfernen. Zehn Tage blieb das Kirchenoberhaupt im Universitätsklinikum Gemelli. Im Nachhinein erklärte Franziskus, ein Pfleger, nicht Ärzte, habe ihm dringend zu der OP geraten.
Nach kurzer Auszeit schien der Papst kräftiger. Statt sich länger auszuruhen, schränkte er im Motu Proprio "Traditionis custodes" (Hüter der Tradition) die Messfeier im bisherigen "außerordentlichen Ritus" ein, die Feier genehmigt nun wieder nur der Bischof. In Ländern wie Frankreich und den USA rief der Schritt Kritik hervor.
Zwar ließ Franziskus wie üblich im heißen Sommer die Generalaudienz im Juli ruhen, empfing aber weiter viel Besuch aus aller Herren Länder. Derweil begann der große Prozess im Finanzskandal um Kardinal Giovanni Angelo Becciu. Der Start war holprig - Formfehler und fehlende Beweise ließen das Verfahren umgehend ins Stocken geraten.
Öfters auf Reisen undTreffen mit den Mächtigen
Im September reiste Franziskus zum Eucharistischen Kongress nach Budapest und in die Slowakei. Trotz zahlreicher Unkenrufe traf Franziskus auch Ungarns Ministerpräsidenten Victor Orban - trotz der konträren Positionen etwa beim Thema Migration. Zurück in Rom nahm Franziskus die alle paar Jahre vorgesehenen Ad-Limina-Besuche von Bischöfen aus aller Welt auf. Auch diese waren während der Pandemie zeitweise ausgesetzt. Zugleich verschärfte der Vatikan seine Covid-19-Regeln - zuletzt so, dass einige zur Impfung verpflichtete Schweizer Gardisten gar das Handtuch warfen.
Im Oktober traf Franziskus dann sowohl die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Mit Merkel nahm er an einem Weltfriedenstreffen der Gemeinschaft Sant'Egidio teil, zu dem zahlreiche Kirchenführer aus aller Welt in Rom eintrafen.
Von Amtsmüdigkeit keine Spur
Nach langer Spekulation, ob Franziskus im November wohl persönlich zum Klimagipfel COP26 nach Glasgow reisen würde, blieb es bei einer vatikanischen Delegation unter Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Nichtsdestoweniger brachte sich der Pontifex prominent in die Klimadebatte ein. So gab es nicht nur mehrere Appelle aus seiner Feder, sondern auch einen gemeinsamen Appell von rund 40 Religionsführern aus aller Welt. Franziskus warnte eindringlich "vor einer unbewohnbaren Welt" und der "davonlaufenden Zeit".
Statt nach Glasgow reiste der Papst einen Tag nach Assisi, um sich dort mit armen Menschen zu treffen. Anfang Dezember schließlich ein fünftägiger Besuch in Zypern und Griechenland; Schwerpunkte dieser Reise: Flüchtlinge, Migration und Ökumene.
Von einer zwischenzeitlich vermuteten Amtsmüdigkeit bei Papst Franziskus keine Spur. Aber vielleicht treibt ihn selbst auch die "davonlaufende Lebenszeit" etwas an. Am 17. Dezember hat der Pontifex sein 85. Lebensjahr vollendet.
Von Anna Mertens