Ein Hausbesuch am Versammlungs- und Wahlort der Bischöfe

Ein Hauch von Konklave

Natürlich ist das Exerzitienhaus Himmelspforten nicht die Sixtinische Kapelle in Rom und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz nicht der Papst.

Autor/in:
Christian Wölfel
Der "Ständige Rat" tagt im Exerzitienhaus Himmelspforten in Würzburg / © Harald Oppitz (KNA)
Der "Ständige Rat" tagt im Exerzitienhaus Himmelspforten in Würzburg / © Harald Oppitz ( KNA )

Trotzdem liegt in etwas von einem deutschen Konklave in der Luft, wenn sich ab Montag die 69 Bischöfe im Kloster Himmelspforten hinter der dicken Basaltmauer in der Würzburger Mainaustraße versammeln. Im Burkardussaal werden sie, abgeschirmt von der Öffentlichkeit, einen Nachfolger von Kardinal Karl Lehmann wählen. Doch damit fangen die Probleme schon an: Denn der Raum liegt im Erdgeschoss. Da die Journalisten dieses Mal nicht wie sonst bei Tagungen des Ständigen Rats vor dem großen Eingangstor warten müssen, sondern im Garten des Exerzitienhauses auf ein Ergebnis harren werden, kann eigentlich jeder, der es will, bei der Wahl zuschauen.

Zumindest dann, wenn die Rollos offen bleiben. Ob das so sein wird, weiß derzeit nicht einmal Himmelspforten-Chef Burkhard Rosenzweig. Oder er darf es nicht sagen. Sollten etwa sich plötzlich öffnende Jalousien statt weißem Rauch der Öffentlichkeit die Wahl eines neuen Vorsitzenden kundtun?
Für die nötige Inspiration bei so einer wichtigen Entscheidung ist das ehemalige Zisterzienserinnen-Kloster nicht der schlechteste Ort.

Im Kreuzgang können die Bischöfe lange Runden drehen, nachdenken oder beten. Einen Stock über dem Tagungsraum liegt die Hauskapelle. Kurz vor der Konferenz legen Orgelbauer letzte Hand an. Auch an so mancher Kirchenbank machen sich Handwerker noch zu schaffen.

Der Tabernakel mit einer riesigen goldenen Scheibe ist das zentrale Element der Kapelle. Hier könnten die Gäste "beten und ihren eigenen Lebensweg reflektieren", sagt Jürgen Lenssen. Der Würzburger Bau- und Kunstreferent war für die umfassende, mehr als sieben Millionen Euro teure Sanierung des Exerzitienhauses in den Jahren 2004 bis 2005 verantwortlich. Rund 100 Betten in 83 Zimmern stehen hier Gästen zur Verfügung. Erst am Sonntag werden die letzten Gruppen das ganze Haus räumen, berichtet Rosenzweig.

An kultureller Inspiration dürfte es den Bischöfen nicht mangeln. Über 400 moderne Kunstwerke hat Lenssen über das Haus verteilt, angefangen vom imposanten Deckengemälde "Himmelspforten" von Ben Willikens im Foyer über die "braune Pieta" von Thomas Lange im Saal der Wahl bis hin zu 183 Werken von Clinton Storm. In jedem Zimmer hängt eines. "Sie finden kein frommes Poster mit Bibelspruch und dem obligatorischen Wassertropfen, der aufgefangen wird", sagt Lenssen.
Auch die Zimmerkreuze von Rainer Stoltz sind nicht überall gleich.

Zwölf verschiedene Varianten finden sich in den Räumen. Kein Zimmer gleiche dem anderen im Gegensatz zu einem "Ibis-Hotel", sagt der Kunstreferent. Er ist sichtlich stolz auf seine Neukonzeption. Auch die Bischöfe mögen den Ort, wo sie sich mehr als 140 Mal zum Ständigen Rat trafen. "Hier fühlen wir uns zu Hause", sagte Kardinal Lehmann zur Wiedereröffnung. Nicht nur sie, auch Justizministerium oder Polizei kommen gern. Die Philosophie des Hauses "näherkommen, zuhören, begegnen, wohlfühlen, nachdenken, glauben und handeln" scheint sich zu bewähren. In Himmelspforten sind die Sicherheitsvorkehrungen für den Papstbesuch und die Fußball-WM geplant worden, und zwar in kürzerer Zeit als veranschlagt, wie Rosenzweig sagt.

Rückzugsräume bietet das Exerzitienhaus jede Menge: Etwa die kleine Kreuzkappelle: Der im schlichten weiß gehaltene Sakralraum könnte nicht nur Ort der Besinnung, sondern so etwas wie der "Zimmer der Tränen" sein für den neugewählten Vorsitzenden. Doch wo werden die Bischöfe versorgt? "Ausschließlich hier", sagt Rosenzweig und zeigt den Speisesaal. Mit was? "Mit Lebensmitteln." Beim Essen herrscht Diskretion - bis auf ein Detail. Auf jedem Bett liegt eine kleine Schokotafel. Darauf ist der Kreuzweg von Himmelspforten zu sehen. Die Sorte? "Zartbitter."

Die Geschichte des Hauses "Himmelpforten"
Das Exerzitienhaus "Himmelspforten" hat eine lange Geschichte. Bereits im 13. Jahrhundert siedelten erstmals Zisterzienserinnen am Mainufer, doch Krieg und Unruhen sorgten immer wieder für eine Zerstörung des Klostergebäudes. Mit der Säkularisation 1804 wurden die Schwestern vertrieben, bereits ab 1844 zogen aber wieder Karmelitinnen ein. Seit 1925 leben sie in einem kleineren Teil der Anlage, der andere Komplex wurde ein Jahr danach Exerzitienhaus für die Diözese Würzburg.

Als die Nationalsozialisten der Kirche verboten, in Himmelspforten Exerzitien abzuhalten, kamen in dem Haus die Alumnen des Würzburger Priesterseminars unter, bevor es als Flüchtlingslager und Reservelazarett genutzt wurde. Am 31. März fiel der Ostflügel einem Bombenangriff zum Opfer. 1954 segnete der damalige Würzburger Bischof Julius Döpfner das wiederhergestellte Haus neu. 1963 mussten dann wegen der Bausicherheit der Nord- und Westflügel abgetragen werden.
Der anschließende Wiederaufbau war 1967 abgeschlossen.

Der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz kommt seit der Würzburger Synode in den 1970er Jahren in dem Exerzitienhaus zusammen. Aber auch für ihre Vollversammlungen schätzen die Bischöfe das Haus im Stadtteil Zellerau, da es ihnen durch die hohen Klostermauern Ruhe beschert, etwa für die intensive Debatte um die kirchliche Schwangerenkonfliktberatung. Auch kolumbianische Guerilla-Krieger trafen sich dort schon zu Verhandlungen. Anfang 2004 wurde das Gebäude für rund sieben Millionen Euro saniert und im April 2005 wieder eingeweiht. Jährlich kommen rund 20.000 Besucher.