Ein Kommentar zum neuen Erzbischof

Ein Kölner Kardinal für alle

Natürlich, die Grundzüge der Liturgie waren wie immer – und doch war dieses Mal im Dom alles irgendwie neu und ganz anders. domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen kommentiert die Amtseinführung Rainer Maria Kardinal Woelkis.

Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige (DR)
Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige ( DR )

"Nein, nein, das war alles wie immer", versicherte das bischöfliche Urgestein Klaus Dick nach dem mitreißenden Einführungsgottesdienst für den neuen Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki. Er muss es wissen: Der altgediente Weihbischof war immerhin schon bei den Einführungen der Kardinäle Frings, Höffner und Meisner dabei. Und doch war bei der Einführung des 94. Nachfolgers des ersten Kölner Bischofs Maternus manches ungewohnt und neu. Aber das lag nicht nur an der Uraufführung des „Nos sumus testes“, diesem beeindruckenden  Hymnus, der aus dem Wahl-und Wappenspruch Woelkis „Wir sind Zeugen“ ein wunderbar beeindruckendes, musikalisches Geschenk der Kölner Dommusik für den neuen Kardinal machte.

Natürlich, die Grundzüge der Liturgie waren wie immer – und doch war dieses Mal im Dom alles irgendwie neu und ganz anders. Messdienerinnen am Altar, Applaus an allen möglichen und auch eigentlich unmöglichen Stellen, eine Gabenbereitung, bei der der neue Erzbischof für seinen „Selbstversorgerhaushalt“ Nudeln, Senf und Schnaps überreicht bekam. Dieser strahlte selbst dann noch über das ganze Gesicht, als er, der bekennende Fan des 1.FC Köln einen Fan Schal von Bayern Leverkusen und eine CD der Toten Hosen überreicht bekam. Aber an Tagen wie diesen war eben alles wie immer und doch alles irgendwie ganz neu. Unten wurde der Petrusstab weitergereicht, und von oben sorgte Petrus selber dafür, dass kräftige Sonnenstrahlen durch das bunte Richterfenster die Kathedrale, das himmlische Jerusalem, in ein neues Licht tauchte. Spätestens als dann noch die Türen des Nord- und Südschiffes im Hohen Dom zu Köln geöffnet wurden, spürte auch der Letzte im weiten Kirchenrund: Hier weht ab sofort ein ganz neuer, frischer Woelki-Wind. Hatte der zurückgekehrte Kölner schon in den wenigen Tagen, seit dem er wieder am Rhein wohnt, die Herzen seiner Mitbürger erobert, so setzte er diese Charmeoffensive im Dom und später auf dem Roncalli-Platz beim Fest der Begegnung ganz unbeirrt fort.

Kardinal Woelki will Zeuge sein, Zeuge der Liebe Christi, die allen Menschen ohne jede Ausnahme gilt. Das hat er in seiner Predigt eigens betont, und konsequent hatte er am Morgen vor seinem Großeinsatz noch ganz spontan mit Obdachlosen gefrühstückt. Und am Vorabend hatten die Expressfotografen den „Kardinal Normalo“ noch beim Feierabendbier in der „Schreckenskammer“ erwischt. Solche Gesten und Zeichen kommen nicht nur bei den Kölnern gut an.

Der Neue, für den die Kölner Papst Franziskus und dem Domkapitel so dankbar sind,  dankte seinem Vorgänger Kardinal Meisner mehrmals und herzlich, übernahm den Petrusstab („oder wenigstens einen Teil davon“ O-Ton Woelki) und setzte zielsicher und konsequent seinen ganz eigenen Weg der Nachfolge Christi fort. Er hat in diesem ersten Gottesdienst als neuer Erzbischof von Köln und schon in den Tagen davor einen beeindruckenden, mitreißenden Start hingelegt. Vor ihm liegt ein langer Dauerlauf, als Kölner Junge in seiner Heimat, als Schwergewicht in der Deutschen Bischofskonferenz und als Kardinal in der Weltkirche. Eine Marathonstrecke, bei der er nicht nur vom warmen Rückenwind des Anfangs, dem ja immer ein gewisser Zauber innewohnt, getragen werden dürfte. Aber dieser gelungene Start macht einfach Lust auf mehr: Lust auf mehr Frohe Botschaft, Lust auf mehr Glaubenszeugnis mitten in die Gesellschaft hinein, Lust auf mehr Kirche, die bei den Menschen ist und Lust auf mehr Liebe Gottes, die möglich ist, wie dieser Kardinal immer wieder zeigt. 

Wetten, dass wir von diesem Kardinal noch viel hören werden? Wetten, dass dieser Kardinal auch noch oft aufhorchen lässt? Wetten, dass er sein Ziel Jesus Christus nicht aus den Augen verliert, weil er ganz genau weiß, dass er in Gottes offenen Armen landen wird und dabei möglichst viele Christen mitnehmen will? Man braucht auch kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, dass dieser erste echte Kölner auf dem Bischofsstuhl am Rhein die besten Voraussetzungen mitbringt, um nicht nur die Christen immer wieder neu von der Frohen Botschaft Gottes zu begeistern. Dieser Neue auf dem Stuhl des Bischofs Maternus sorgt für ganz neue Töne, wenn er in Bezug auf die Apostel sagt, er möchte nicht  „Herr über den Glauben, sondern zuallererst ein Diener der Freude“ sein. Dieser Ton kommt mit dem Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki ganz neu daher, auch wenn das Original, da hat Alt-Weihbischof Dick recht, schon 2000 Jahre alt ist.

Ein begeisterter Kölner sagte vor der Kirche beim Kölsch: „Jetzt fehlt eigentlich nur noch, dass er über das Wasser geht!“ Nein, das braucht er gar nicht! Kardinal Woelki muss nur konsequent und mutig auf seinem ganz eigenen Weg der Nachfolge Christi bleiben, dann wird er auch zukünftig viele engagierte und von Herzen frohe Wegbegleiter finden, die ihn auf seinem Weg der Christusnachfolge begleiten werden.

 

 


Quelle:
DR