"Ich will für gute Nachrichten sorgen!", sagte der neue Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx. Der Erzbischof von München und Freising wirkte bei seinem ersten Auftritt als frisch gewählter Vorsitzender sichtbar erfreut und erleichtert, als er vor über 30 Kamerateams und fast 100 Journalisten vor die Mikrophone trat. Erst im vierten Wahlgang hat er die nötigen Stimmen auf sich vereinigen können. Es soll äußerst knapp gewesen sein. Das dürfte für den neuen ersten Mann an der Spitze der Bischofskonferenz aber keine schlechte Startvoraussetzung sein, denn Marx kann kämpfen. Und er kann taktieren und auf den richtigen Augenblick warten. Vor sechs Jahren, als viele Journalisten ihn schon ganz oben auf der Liste hatten, übernahm noch der eher nüchterne und schüchterne Erzbischof von Freiburg, Robert Zollitsch, das Steuer. Jetzt aber darf Marx endlich ran.
Noch am Morgen in seiner Predigt hatte Marx daran erinnert, dass Christen nicht vor Herausforderungen weglaufen dürften, sondern auch dann die Frohe Botschaft verkünden müssten, wenn das Klima rau ist und der Wind einem ins Gesicht bläst. Marx ist nie weggelaufen, ganz im Gegenteil: Immer wieder hat er sich der Verantwortung gestellt. Das hat inzwischen zu einer Ämterfülle geführt, die beachtlich ist. Ob in der Weltkirche, auf europäischer Ebene, in Deutschland oder in Bayern: Kein deutscher Oberhirte hat so viel Macht und Einfluss wie der gebürtige Westfale. Wer Marx als Machtmenschen bezeichnet, liegt nicht falsch. Aber Macht auszuüben und Verantwortung zu übernehmen ist vielleicht doch gerade angesagt und richtig in Zeiten, in denen das Kirchenschiff in schwerstem Fahrwasser und das rettende Ufer oft nur schwer auszumachen ist. Marx wurde von den Bischöfen mehrheitlich gewählt, weil man weiß, was man an ihm hat. Marx kann die Dinge auf den Punkt bringen. Seine Botschaften sind klar und verständlich. Auch bei heiklen Punkten weicht er nicht aus und findet schon rhetorisch immer einen eleganten Notausgang. Gerade im Informations- und Medienzeitalter ist ein geschickt agierender und medienerprobter Steuermann für die in Münster versammelten 62 wahlberechtigten Bischöfe die allererste Wahl gewesen. Die in letzter Zeit arg geprüften und oft gebeutelten katholischen Bischöfe sind auf Nummer sicher gegangen bei ihrer Wahl und Auswahl. Experimente haben sie nicht gewagt. Vielleicht ist das gesellschaftliche Klima dafür derzeit auch nicht das richtige.
Aber sich in Zukunft wegzuducken oder sich einfach hinter dem großen neuen Vorsitzenden zu verstecken, dürfte auch keine Lösung sein. Ein Schwergewicht am Steuer reicht alleine nicht – es braucht auch kräftige Mitstreiter, die sich ebenfalls in die Riemen legen, um das Bischofs- und Kirchenschiff auf Kurs zu halten. Aber ein Steuermann, der Ruhe, Mut, Gelassenheit und christliche Zuversicht ausstrahlt, ist eine gute Wahl. Wenn er dann noch für "gute Nachrichten" sorgt und die Frohe Botschaft unter die Menschen von heute bringen will, haben die Bischöfe einen guten neuen Mann auf der Brücke.