Streit in melkitischer Kirche im Libanon verschärft sich

Ein Riss geht mittendurch

Der melkitische Patriarch Joseph Absi hat dem Obersten Rat der griechisch-melkitisch-katholischen Gemeinschaft das Vertrauen entzogen. Hintergrund sind unter anderem Streitigkeiten rund um einen ehemligen libanesischen Minister.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Symbolbild: Flagge des Libanon / © Yulia Grigoryeva (shutterstock)
Symbolbild: Flagge des Libanon / © Yulia Grigoryeva ( shutterstock )

Der melkitische Patriarch Joseph Absi im Libanon hat dem Obersten Rat der griechisch-melkitisch-katholischen Gemeinschaft (CSCG) das Vertrauen entzogen. Der Rat (CSCG) sei "nicht länger offizieller Sprecher der Gemeinde und nicht länger ihr Vertreter im Libanon", erklärte der 74-jährige Syrer laut Bericht der Zeitung "Orient le Jour" am Freitag.

Er begründete dies mit einem durch starke Zwietracht verursachten Riss in dem Gremium. Damit sei der Rat von seiner ursprünglichen Mission abgewichen, die Melkiten zusammenzubringen und ihnen zu helfen, ihre Angelegenheiten zu organisieren, so Absi laut Bericht.

Streitigkeiten um die Nachfolge

Hintergrund sind demnach unter anderem interne Streitigkeiten um die Nachfolge für den scheidenden CSCG-Vizepräsidenten und ehemaligen libanesischen Minister Michel Pharaon. Zum Streit führte unter anderem die Kandidatur eines anderen Ex-Ministers, Salim Jreissati. Dieser gehört gegenwärtig zum Beraterstab von Staatspräsident Michel Aoun, was Mitglieder des Gremiums als Provokation werten.

Pharaon kritisierte Jreissatis Kandidatur. Dieser habe durch seine Position eine "Nähe zu einer von der Bevölkerung umstrittenen Macht" und daher kein Konsens-Profil, das für die gesuchte Position erforderlich sei. Gleichzeitig bedauerte er den Schritt von Patriarch Absi, der keine ausreichende Zeit für Vermittlungsversuche gelassen habe. Die Wahl zur Nachfolge werde coronabedingt erst im April stattfinden.

CSCG will eigentlich Einheit fördern

Jreissati begrüßte dagegen den Ansatz des Patriarchen. Der Rat sei nicht funktionsfähig. Es gebe andere Instanzen in der Gemeinde, die seine Aufgaben übernehmen könnten.

Der CSCG wurde 1968 mit dem Ziel gegründet, Einheit, Solidarität und Brüderlichkeit unter den religiösen, politischen und zivilgesellschaftlichen Vertretern der Melkiten im Libanon zu fördern und die Interessen der Kirche zu vertreten.

Über 1,5 Millionen Melkiten weltweit

Der Rat, der neben melkitischen politischen Abgeordneten und Ministern auch vom Patriarchen ernannte sowie von der Vollversammlung gewählte Mitglieder umfasst, war seither in nationalen Angelegenheiten der einzige offizielle Sprecher der Melkiten. Den Vorsitz des Gremiums hat der amtierende Patriarch inne; Vizepräsidenten sind ein von der Synode gewählter Hierarch sowie ein vom Exekutivrat gewählter Laie.

Die Melkiten sind eine mit Rom verbundene ("unierte") Ostkirche des byzantinischen Ritus ("griechisch-katholisch"). Ihr gehören laut der Stiftung Pro Oriente rund 1,6 Millionen Christen an; etwa die Hälfte lebt in Auslandsgemeinden in Brasilien, Argentinien und Australien. Zum Patriarchen auf Lebenszeit wählte die Synode 2017 den Syrer Joseph Absi (74).


Quelle:
KNA