So sieht etwa die Vorsitzende der italienischen Lebensschutzbewegung "Movimento per la Vita", Marina Casini, das Vorhaben vor allem ideologisch und wirtschaftlich begründet. Frauen würden im schwierigen Moment eines Schwangerschaftsabbruchs allein gelassen, während die Vernichtung menschlichen Lebens weiter banalisiert werde, sagte Casini dem Portal Vatican News (Sonntag).
Am Samstag hatte Italiens Gesundheitsminister Roberto Speranza Berichte über entsprechende Pläne auf Twitter bestätigt. Die neuen Leitlinien sehen demnach einen Schwangerschaftsabbruch durch Mifepriston und Prostaglandin in der Tagesklinik und bis zur neunten Woche vor. Dies sei "ein wichtiger Schritt vorwärts" unter Achtung der bestehenden Rechtslage, so Speranza.
"Drama des Schwangerschaftsabbruchs"
Die Pille RU486 im Krankenhaus nur zu verabreichen und die Frau dann nach Hause zu schicken, damit sie den Embryo-Fötus allein ausstoße, sei "mit dem Risiko schwerer und tödlicher Blutungen verbunden", zitierte die Zeitung "Avvenire" den Vorsitzenden der katholischen Vereinigung "Scienza e Vita", Alberto Gambino.
Zudem verstärke eine solche "'Do-it-yourself'-Praxis" die "sozialen Auswirkungen des Dramas des Schwangerschaftsabbruchs". Wichtiger sei eine wirksame Präventionsarbeit. Dass es eine solche nicht gebe, sei seit Jahren ein "schweres Verschulden des Gesetzgebers", so der Jurist.
Frauen werden allein gelassen
Die Bioethikerin Assunta Morresi mahnte, unabhängig von der Methode bleibe ein Schwangerschaftsabbruch ein körperlich riskanter Eingriff mit oft gravierenden seelischen Folgen. Dabei dürften Frauen nicht allein gelassen werden. Die neuen Richtlinien bedeuteten nur "eine vermeintliche Freiheit" für die betroffenen Frauen.
Verteidiger der geplanten Neuerung weisen den Vorwurf zurück, Frauen würden allein gelassen. Die Einnahme der ersten Pille (RU486) erfolge unter ärztlicher Aufsicht und Einweisung. Das den Abort auslösende Prostaglandin können ebenfalls in einer Tagesklinik verabreicht werden.
"Rückschritt für Frauen"
Abgeordnete der im Parlament vertretenen Links-Parteien begrüßten Speranzas Ankündigung. Die Vorsitzende der rechten "Fratelli d'Italia", Giorgia Meloni, hingegen, nannte die Änderung einen "Rückschritt für Frauen". Es sei gefährlich, die mit dem Eingriff verbundenen Risiken kleinzureden; zudem widerspreche dies den im entsprechenden Gesetz festgelegten Vorgaben.
Italien hatte den Abtreibungswirkstoff Mifepriston als einer der letzten EU-Staaten im Juli 2009 gegen den Widerstand von Kirche und konservativen Parteien genehmigt. Bisher ist für einen pharmakologisch durchgeführten Schwangerschaftsabbruch ein mehrtägiger Krankenhausaufenthalt ebenso notwendig wie für einen chirurgischen, da es von der Einnahme des Mittels bis zum Ausstoß des Fötus drei Tage dauern kann. Anschließend müssen vor allem die damit verbundenen Blutungen überwacht werden, auch um sicherzugehen, dass das Schwangerschaftsgewebe vollständig abgegangen ist.