"Die Ausbeutung von Rohstoffen in Ländern des globalen Südens ist eine neue Form von Kolonialismus", findet Danilo Moreira. Er sitzt auf dem Podium eines überfüllten Saals vor rund 250 überwiegend deutschen Jugendlichen. Sie alle sind zum sogenannten Youth Hearing der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und des Bundesverbandes Katholische Kirche an Hochschulen (BKKH) beim Weltjugendtag gekommen, um über Klimagerechtigkeit und Kolonialismus zu sprechen.
Viele in der Menge haben Kopfhörer auf, um der Übersetzung des portugiesischen Klimaaktivisten mit seinen langen Dreadlocks zu folgen. Der Abbau von Kohle oder Lithium in anderen Ländern verschiebe nur die Emissionen, so Moreira, löse aber die Klimakrise nicht. Hinter ihm sind Wörter auf eine große Leinwand projiziert, die Jugendliche mit dem Thema verbinden. "Worte statt Taten" steht da etwa, "Ungerechtigkeit", "Konsum" und "Zusammen sind wir stark".
Das wichtigste unter den politischen Themen
Die Veranstaltung findet just am "Erdüberlastungstag" statt - die erneuerbaren Ressourcen des Globus sind laut Rechnungen der Umweltorganisation Germanwatch an diesem Tag für das ganze Jahr verbraucht. "Die Menschen leben, als hätten sie 1,7 Planeten zur Verfügung" heißt es in einem kürzlich veröffentlichten Bericht. Nach Ansicht Moreiras müssen europäische Länder die Klimakrise und ihre Folgen im globalen Süden nicht nur deshalb bekämpfen, weil es der reiche Norden war, der die Krise hauptsächlich verursacht hat.
Die Bewahrung der Schöpfung ist das wichtigste unter den politischen Themen beim Weltjugendtag in Lissabon. Die Glaubensgespräche, die am Donnerstagvormittag in der gesamten Stadt stattfanden, waren dem Thema Ökologie gewidmet. Aber auch praktisch ist das Thema Klima beim WJT sehr viel präsenter als in früheren Jahren.
Schöpfungsbewahrung mit dem Glauben verbunden
Viele Pilgergruppen sind statt mit dem Flugzeug mit Bussen oder Zügen angereist. Zudem gibt es in der WJT-App die Möglichkeit, den eigenen ökologischen Fußabdruck zu berechnen sowie Tipps, ihn zu auszugleichen. Überall stehen Tonnen für Mülltrennung. Statt ausgedruckter Gesangs- und Gebetbücher können Jugendliche QR-Codes scannen und Texte und Lieder online abrufen.
Ihren eigenen Müll zu reduzieren, ist für die US-Amerikanerin Elizabeth ein Weg, etwas zu tun für die Bewahrung der Schöpfung. Für die 19-Jährige ist dieses Anliegen direkt mit ihrem Glauben an Gott verbunden. Es frustriert sie, dass anderen US-Jugendlichen dieses Bewusstsein fehlt.
Thema Klima spielt in Kirchengemeinden kaum eine Rolle
Ähnlich geht es - unter ganz anderen Vorzeichen - auch Danielle (25) aus Nigeria. Sie berichtet vom Tschad-See in ihrem Land, der auf ein Zwanzigstel seiner Größe geschrumpft ist. Sie bedauert, dass das Thema Klima dennoch in Nigeria und auch in ihrer Kirchengemeinde kaum eine Rolle spiele. Es gebe einfach drängendere Themen, vor allem Korruption. Heute studiert sie Umweltwissenschaften in Deutschland.
Die Peruanerin Alessandra (20) ist glücklich, dass der Papst das Klima so ernst nimmt. "Ausländische Konzerne beuten mein Land aus und zerstören unsere Umwelt", sagt sie und klagt über die Umweltkatastrophe, die die spanische Ölfirma Repsol im vergangenen Jahr auslöste. Obwohl viele in Peru versuchten, ökologisch zu leben, seien sie machtlos gegen die Großkonzerne. "Ich wünsche mir, dass die Jugendlichen aus Europa oder den USA uns nicht vergessen", sagt sie.
Auch der Papst bringt beide Aspekte zusammen
Im offiziellen Inhalte-Programm des WJT spielt die Klimakrise eine sichtbare, aber keine dominierende Rolle. Für viele Jugendliche geht es vor allem um ihren höchst persönlichen, auch religiösen Lebensweg. Sie freuen sich zusammenzukommen im Gebet, im gemeinsamen Singen und Tanzen.
Papst Franziskus war es, der am Donnerstag bei einer Rede an der katholischen Universität Portugals beide Aspekte zusammenbrachte. Vor mehr als 6.000 Studierenden der Katholischen Universität sagte er: "Wir müssen die dramatische Dringlichkeit anerkennen, uns um die Schöpfung zu sorgen. Das kann jedoch nicht ohne eine Bekehrung des Herzens geschehen."