Eindringlicher Friedensappell des Papstes

"Nie mehr Krieg!"

Mit einem ungewöhnlich eindringlichen und persönlichen "Ruf zum Frieden" hat Papst Franziskus ein Ende der Gewalt in den Konfliktherden der Welt gefordert, insbesondere in Syrien.

 (DR)

Bei seinem Angelus-Gebet am Sonntag verurteilte er nachdrücklich den Einsatz von chemischen Waffen. "Krieg führt nur zu Krieg, Gewalt führt nur zu Gewalt", sagte er unter dem Applaus von mehreren zehntausend Menschen auf dem Petersplatz.

Nicht mit einer "Kultur der Gewalt" sondern nur mit einer Kultur der Begegnung komme man zu einem friedlichen Einvernehmen unter den Völkern. Franziskus rief für den 7. September zu einem weltweiten Tag des Gebets und des Fastens für den Frieden in Syrien und in den anderen Konfliktherden der Welt auf. Er selbst werde am Samstagabend auf dem Petersplatz eine Gebetwache leiten. Franziskus bat die anderen christlichen Kirchen, sich dieser Initiative anzuschließen.

"Blinde Gegensätze" überwinden

"Wir wollen eine Welt in Frieden, wir wollen Männer und Frauen des Friedens sein", unterstrich der Papst. "Wir wollen, dass in dieser unserer von Spaltungen und Konflikten zerrissenen Welt Frieden entsteht." Mit lauter Stimme fügte er hinzu: "Nie mehr Krieg!" Zugleich forderte das Oberhaupt der katholischen Kirche die Konfliktparteien sowie die internationale Gemeinschaft auf, mit Mut und Entschlossenheit Verhandlungen zu führen und "blinde Gegensätze" zu überwinden. Es gebe ein "Urteil Gottes, das auch ein Urteil der Geschichte über unsere Taten ist", und dem könne man nicht entfliehen.

"Mit besonderer Entschiedenheit" verurteilte der Papst den Einsatz von chemischen Waffen. "Wie viele Leiden und Zerstörungen hat der Einsatz dieser Waffen in dem gemarterten Land gebracht, vor allem für die wehrlose Zivilbevölkerung!" Ausdrücklich verwies Franziskus dabei auf die vielen getöteten Kinder. Er sei entsetzt und traurig über die schrecklichen Bilder der vergangenen Tage, so der Papst.

Die Kirche und die Frage der militärischen Intervention

Schon seit frühester Zeit hat sich die christliche Theologie mit der Frage eines gerechten Krieges auseinandergesetzt. Die Lehre Jesu ist klar: "Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden", heißt es in der Bergpredigt. Und Jesus fordert sogar: "Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die linke hin." Spätestens mit der "konstantinischen Wende" im vierten Jahrhundert verlor dieser Pazifismus an Gewicht. Auch Christen traten ins römische Heer ein. Doch wie mit den Forderungen Jesu umgehen?

In dieser Situation formulierte der Kirchenvater Augustinus (354-430) Bedingungen, unter denen ein Krieg geführt werden durfte. Seine Lehre vom "gerechten Krieg" galt letztlich bis zum Zweiten Weltkrieg: Gerechtfertigt ist ein Krieg, wenn er den Frieden wiederherstellen und den Gegner nicht vernichten oder berauben soll. Es muss ausreichend Aussicht auf Erfolg bestehen; alle anderen Mittel müssen ausgeschöpft sein. Zudem dürfen die Schäden nicht größer werden als das zu beseitigende Übel. Schon bei Augustinus ist dabei klar, dass auch ein gerechter Krieg ein sittliches Übel bleibt.

Nach den Millionen Toten des Zweiten Weltkriegs aber wurde dieses Konzept zunehmend in Frage gestellt. "Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein", erklärte 1948 der Ökumenische Rat der Kirchen in der Hoffnung auf eine Weltfriedensordnung. Stattdessen aber kamen der Kalte Krieg und die atomare Abschreckung. Nur unter großen Bedenken sagten die evangelische Kirche 1981 und die katholische Kirche 1983 Ja zu diesem Konzept. Der 1993 erschienene Weltkatechismus der katholischen Kirche nahm die Kategorien vom gerechten Krieg zwar auf; diese gelten allerdings nur, wenn ein Volk sich in Notwehr verteidigen muss.

Wandel in der christlichen Friedensethik

Das Ende des Kalten Krieges brachte dann aber einen Wandel in der christlichen Friedensethik: In ihrem im Jahr 2000 veröffentlichten Hirtenwort "Gerechter Friede" verabschiedete sich die katholische Bischofskonferenz von der Lehre vom "gerechten Krieg": Der Krieg sei immer ein Unrecht, nur in Ausnahmefällen könne er hingenommen werden, um weit schlimmeres Unrecht zu verhindern. 2007 folgte die evangelische Kirche mit der Denkschrift "Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden". Sie argumentiert, dass "in Grenzsituationen" eine "rechtserhaltende Gewalt" ethisch tragbar ist, wenn sie klare Grenzen und vertretbare Ziele hat sowie international abgestimmt ist.

Komplizierter ist die Lage allerdings dadurch geworden, dass sich die Art der Konflikte nach dem Ende des Kalten Kriegs verändert hat: Beim Völkermord in Ruanda, bei den Balkankriegen ebenso wie in Libyen oder in Syrien geht es vermehrt um innerstaatliche Gewalt. Unter dem Eindruck von Völkermord und Bürgerkriegen veränderte die UNO ihre Bedingungen für militärische Eíngriffe. Seit 2005 gilt die UN-Richtlinie "responsiblity to protect". Demnach besteht ein legitimer Interventionsgrund, wenn Völkermord, ethnische Säuberungen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit stattfinden.

Und die christliche Friedensethik? Sie hat weiterhin, wie der Direktor des Instituts für Theologie und Frieden Heinz-Gerhard Justenhoven sagt, "Prinzipien zu formulieren, um den Einsatz von Gewalt zu prüfen und möglichst abzuwenden".


Quelle:
KNA