domradio.de: Frau Fröhlich, Wie kam es zu dieser spontanen Aktion?
Fröhlich: Wir haben mit fünf Gemeinden zusammen einen großen Gottesdienst gefeiert zum Reformationssonntag und in dem Gottesdienst war ein junger Nigerianer, der seit langem hier lebt und einen guten Job hat, Ola Olukun, und der hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass da eben 22 Flüchtlinge unter der Mainbrücke kampieren, und zwar schon seit Wochen. Und dann war der Moment einfach da. Wir waren so viele Menschen, die wir da zusammenstanden, und haben gesagt, jetzt gehen wir nicht einfach nur gucken, sondern wir holen sie gleich her, damit sie jetzt, wo es kalt wird, ein Dach über dem Kopf haben.
domradio.de: Was ist dann das erste, was man tut? Was brauchen diese 22 Flüchtlinge am dringendsten?
Fröhlich: Erstmal eine weichere Unterlage zum Schlafen. Eine unserer Nachbargemeinden hat innerhalb kürzester Zeit einen ganzen VW-Bus voller Matratzen, Decken, Winterkleidung organisiert. Leute aus unserer Gemeinde haben auch Decken herbeigebracht, warme Suppe. Und es war eine beispiellose Unterstützungswelle, die hier von diesem Gottesdienst ausgegangen ist und ich glaube, es war für alle toll, dass den Worten auch Taten folgen und wir nicht tatenlos zugucken, was wir ja die ganze Zeit auch viel tun müssen. Und ich glaube, darum war diese Bereitschaft am Sonntag, dann noch zusammenzutragen, was geht, so unglaublich ermutigend. Das war wirklich toll zu erleben.
domradio.de: Wie war das für Sie persönlich? Haben Sie das so erwartet oder hat Sie das auch überrascht?
Fröhlich: Ich habe es nicht erwartet, aber mich hat es dann auch nicht überrascht. Ich habe gedacht, wie wunderbar, dass in unseren Gemeinden auch wirklich Substanz ist und wir wirklich auch bereit sind, nach unserem christlichen Glauben zu handeln. Nein, überrascht hat es mich dann irgendwie nicht. Wir sind hier im Frankfurter Nordwesten auch ziemlich im sozialen Brennpunkt, haben selbst eine große Lebensmittelausgabe. Also, wir sind eigentlich auch permanet schon daran, auch Menschen hier, denen es bei uns nicht gutgeht, unter die Arme zu greifen. Aber das es dann so viele Wellen schlagen würde, jetzt auch weitergehend, also dass wir hier von ganz Vielen Unterstützung zugesagt bekommen, das überwältigt mich dann doch im Moment.
domradio.de: Das Dach über dem Kopf für die Flüchtlinge, das ist das eine. Jetzt sind seitdem zwei Tage vergangen, wissen Sie schon, wie es weitergeht mit den Menschen?
Fröhlich: Wir wissen es grundsätzlich noch nicht, weil die wichtige Frage ist ja, den rechtlichen Status abzuklären und einfach eine Perspektive zu schaffen und sie nach Kräften zu unterstützen, dass eine Perspektive hier entstehen kann. Das ist natürlich dann auch eine politische Frage. Wir konzentrieren uns jetzt auf das Unmittelbare, und da ist hier für uns aus drei Tagen jetzt die Perspektive geworden: der ganze Winter. Wir rechnen jetzt in unseren Gemeinden erstmal damit, dass wir die Gruppe der 22 jungen Männer vielleicht aufteilen auf drei Gemeinden und dann eben sieben bis acht Personen über mehrere Wochen hier Quartier geben. Wir wollen niemanden mehr auf die Straße schicken. Wir sind sehr am Anfang der Organisation, wie gesagt, die Unterstützung ist überwältigend. Aber wir müssen jetzt sortieren, gucken, wie wir das alles auf die Reihe kriegen.
domradio.de: Was glauben Sie, kann das Signalwirkung haben auch für andere Gemeinden?
Fröhlich: Das hoffe ich, das hoffe ich. Also, so Viele, wie jetzt sagen, toll, dass ihr das macht, hoffe ich, dass sie denken, wow, das können wir doch vielleicht auch. Weil bis jetzt ist es sehr friedlich, es ist das Gefühl, ja, wir können es nur zusammen. Es müssen schon Viele sich beteiligen, aber es sind so Viele auch bereit dazu und ich hoffe schon, dass das Schule macht.
Das Interview führte Verena Tröster.