Erzbistum Paderborn beauftragt Universität mit Missbrauchsstudie

"Eine kirchenhistorische Einordnung"

Das Erzbistum Paderborn lässt in einer unabhängigen Studie Missbrauchsfälle in seinem Bereich aufarbeiten. Das auf drei Jahre angelegte Projekt setzt den Fokus auf die Amtszeiten der früheren Erzbischöfe Lorenz Jaeger und Joachim Degenhardt.

Hoher Dom zu Paderborn / © Olga Koverninska (shutterstock)
Hoher Dom zu Paderborn / © Olga Koverninska ( shutterstock )

Das Projekt wird von der Kirchenhistorikerin Nicole Priesching geleitet, wie die Universität Paderborn am Donnerstag mitteilte.

Unter dem Titel "Missbrauch im Erzbistum Paderborn - Eine kirchenhistorische Einordnung" legt das Team von Wissenschaftlerinnen den Fokus auf die Amtszeiten der früheren Erzbischöfe Lorenz Jaeger und Joachim Degenhardt von 1941 bis 2002.

Uneingeschränkter Aktenzugang zugesichert

Die Studie soll Erkenntnisse zum Umfang des Missbrauchs durch Priester und den Umgang der Verantwortlichen damit liefern. Auch die Folgen von sexueller Gewalt und Auswirkungen auf das Leben der Opfer sollen demnach untersucht werden.

Der Paderborner Generalvikar Alfons Hardt hat den Wissenschaftlerinnen uneingeschränkten Aktenzugang zugesichert.

Priesching und ihre Mitarbeiterin Christine Hartig unterlägen keiner Weisungsbefugnis des Erzbistums und seien in der Gestaltung ihrer Arbeit unabhängig, betonte er. "Wir wollen die Vorgänge, Haltungen und Bedingungen der Vergangenheit ganzheitlich verstehen lernen und die Erkenntnisse in unsere Interventions- und Präventionsarbeit einfließen lassen."

Studienleiterin Priesching, die Inhaberin des Lehrstuhls für Religions- und Kirchengeschichte an der Universität Paderborn ist, erklärte: "Es gilt herauszufinden, welche Personenkreise innerhalb der Kirche von Missbrauchsfällen wussten, wie Entscheidungen über das Ergreifen oder Unterlassen weiterer Maßnahmen getroffen wurden und ob strukturelle Bedingungen existierten, die Missbrauchshandlungen fördern konnten."

Betroffenenbeirat einrichten

Neben der Analyse administrativer Quellen aus kirchlichen und staatlichen Archiven, darunter Personal- und Strafakten, sollen ihren Worten zufolge auch Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen geführt werden. In den kommenden Monaten ist ein entsprechender öffentlicher Aufruf geplant. Auch soll im Laufe der Studie ein Betroffenenbeirat eingerichtet werden, wie es hieß.

Die deutschen Bischöfe hatten 2018 eine Studie zu sexuellem Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche veröffentlicht. Zwischen 1946 und 2014 sollen sich demnach 1.670 Kleriker an Minderjährigen vergangen haben. Im April hatten sich die 27 Bischöfe mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, auf eine weitere Aufarbeitung des Missbrauchs in den Bistümern verständigt. Mit Paderborn haben neun weitere Diözesen bereits eine Studie in Auftrag gegeben.


Quelle:
epd