"Es gibt den geborenen Stellvertreter": So hört man immer wieder in der Karriereplanung. Nicht jeder möchte allerdings in der ersten Reihe stehen und das Sagen haben.
Es gibt auch Menschen, die sich bewusst zurücknehmen und eben dann die Führung übernehmen, wenn ein anderer nicht kann. Stellvertreter sein: Für manch einen ist das Ärgernis, weil er auf den Chefsessel schielt.
Und andere freuen sich, weil sie sich auf ihrem Posten in der zweiten Reihe auch einmal zurücklehnen und sich auf andere Aufgaben konzentrieren können.
Paulus ist Gesandter an Christi statt
"Wir sind also Gesandte an Christi statt", schreibt Paulus in seinem zweiten Brief an die Gemeinde von Korinth. Paulus weiß darum, dass nicht ihm der Platz in der ersten Reihe gebührt. Immerhin verkündet Paulus nicht sich selbst, sondern er zeigt auf Christus hin, der für uns gestorben und auferstanden ist.
Schon in den ersten christlichen Gemeinden scheint das gravierende Missverständnisse hervorgerufen zu haben: In den Paulusbriefen ist davon zu hören, dass manche meinen, sie seien Apostel des Paulus.
Aber so etwas darf nicht sein, mahnt der Völkerapostel. Denn er verkündet das Evangelium nicht um seinetwillen - nicht Paulus steht im Mittelpunkt, sondern Christus.
Paulus ist Gesandter an Christi statt: Er nimmt seinen Platz ein, aber nur, um ihn in dieser Welt gegenwärtig werden zu lassen. Sein Leben wird transparent auf Christus hin, sodass Paulus sagen kann: "Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir".
"Es gibt den geborenen Stellvertreter": Das trifft auch auf uns Christen zu. Denn seit der Taufe sind wir dazu berufen, Christus ähnlicher zu werden und ihn in dieser Welt lebendig werden zu lassen. Wir alle sind "Gesandte an Christi statt", die an seiner Stelle das Evangelium verkünden, die stellvertretend für ihn das Reich Gottes mitten in unserem Alltag anbrechen lassen.
Den Menschen mit offenen Armen und offenen Herzen begegnen
Dabei müssen wir uns eines immer neu bewusst machen: Bei allem, was wir tun, geht es nicht um uns. Wir sind Stellvertreter für einen anderen, wir haben die Botschaft eines anderen weiterzusagen. Die Welt dreht sich nicht um uns, sondern um Christus, der Anfang und Ende der Zeiten ist. Ihm sollen wir durch unser Reden und durch unser Handeln immer ähnlicher werden, denn er ist das Leben der Welt.
"Wir sind also Gesandte an Christi statt", heißt es in der Lesung am Aschermittwoch. Vielleicht kann das eine Aufgabe für die bevorstehende österliche Bußzeit sein: sich wieder einmal neu darauf zu besinnen, was unser Auftrag als Christen in dieser Welt ist.
Wir alle haben eine Sendung, aber wir müssen sie mit Leben füllen. Wenn wir Christus in dieser Welt gegenwärtig machen wollen, dann müssen wir so leben, wie er gelebt hat. Das bedeutet, den Menschen mit offenen Armen und offenen Herzen zu begegnen - und sie spüren zu lassen, dass Gott sie liebt.
Der Gründer der Gemeinschaft von Taizé, Frère Roger, hat einmal gesagt: "Lebe das, was du vom Evangelium verstanden hast - und wenn es noch so wenig ist. Aber lebe es."
Das ist eine gute Aufgabe für die Fastenzeit: dass wir uns das Wort des Evangeliums aufs Neue zu Herzen nehmen und es durch unser Handeln mit Leben füllen. Auch das kann eine Bußübung sein: sich einmal neu jene Sendung bewusst zu machen, die allen Getauften aufgetragen ist - Gesandte zu sein an Christi statt und ihn in dieser Welt lebendig werden zu lassen.
Das Evangelium leben und Christus zu den Menschen zu bringen, davon wird auch in einem Lied gesungen, das vielerorts bei der Austeilung der Asche am Aschermittwoch erklingt: "Als Jesu Jünger seid ihr nun gesendet. Geht hin zu allen, kündet seine Botschaft; bringt neue Hoffnung auf die ganze Erde. Bekehre uns, vergib die Sünde, schenke, Herr, uns neu dein Erbarmen."