Die Zeit des Wartens ist vorbei: So konnte man immer wieder lesen, als im Dezember die Pariser Kirche Notre-Dame wiedereröffnet wurde. Ein schrecklicher Brand hatte sie im April 2019 in großen Teilen zerstört. Nur fünfeinhalb Jahre später konnten die Pforten wieder geöffnet werden und man feiert wieder Gottesdienst in Notre-Dame. Die Restaurierung ist abgeschlossen. Alles ist wie früher – und doch ist irgendwie alles neu und anders.
Die Zeit des Wartens: Dieser Begriff steht sehr häufig mit der Adventszeit in Verbindung. Denn sie ist vor allem für die Kinder eine Zeit des Wartens auf Weihnachten und die Geschenke. Wie lange es noch hin ist, das verraten Adventskalender und Adventskranz. Aber im Erwachsenenalter merkt man, wie schnell auch diese Wartezeit vorbei ist, wie zügig dann doch wieder Weihnachten geworden ist. Und plötzlich steht man schon wieder am Anfang des Februars, und das neue Jahr ist mitten im Gange. Von der adventlichen Wartestimmung fehlt nun jede Spur.
In hoffnungsvoller Erwartung
Von der Zeit des Wartens können auch Simeon und Hanna ein Lied singen. Von ihnen erzählt das Evangelium am Fest der Darstellung des Herrn, das Christinnen und Christen am 2. Februar feiern. Beide sind alt: Simeon, so heißt es, "wartete auf den Trost Israels", und von Hanna erfahren wir, dass sie 84 Jahre alt ist.
Beide sind Menschen, die im Lauf ihres Lebens das Warten gelernt haben. Sie mussten warten, weil ihre Sehnsucht und ihre Hoffnung noch nicht erfüllt wurden. Und damit waren sie nicht alleine, wie das Lukasevangelium weiter berichtet: Hanna spricht zu "allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten".

Es waren also viele, die damals lebten und warteten, dass einer kommt, der sie erlöst und befreit. Dass einer kommt, der die Frohe Botschaft von Freiheit und Friede verkündet. Dass einer kommt, in dessen Angesicht sich das Antlitz des Allerhöchsten widerspiegelt.
Warten, das hatten sie gelernt, diese Menschen, die sich ständig im Tempel aufhielten, um in der Gegenwart des lebendigen Gottes zu leben.
Das ganze Leben als Adventszeit
Das Leben von Simeon und Hanna war eine einzige Adventszeit. Eine Zeit des Wartens auf die Ankunft des Erlösers in dieser Welt. Eine Zeit, die voll war von Hoffnung und Sehnsucht, vom Ausstrecken auf eine ungewisse Zukunft hin. Aber es hat sich gelohnt. Lukas verkündet, dass die Zeit des Wartens vorbei ist: Als Christus in den Tempel gebracht wird, erfüllt sich die Hoffnung der Alten. Es wird offenbar, dass Gott wirklich in dieser Welt angekommen ist. Dass sich seine Ankunft im Leben der Menschen wirklich ereignet hat. Das lange Ausharren hat sich also ausgezahlt. Gott kommt wirklich zu uns und in unsere Welt!

So ist auch das Leben als Christinnen und Christen eine andauernde Adventszeit. Eine Zeit des Wartens auf die Wiederkunft Christi auch in der heutigen Welt und Zeit. Der Dezember mag bereits wieder verflogen sein. Die Hoffnung auf Heilung und Erlösung bleibt. Die Sehnsucht nach Frieden, Freiheit und Liebe ist ein täglicher Begleiter.
Fest will neuen Mut machen
Christinnen und Christen leben immer noch im Advent. So, wie Simeon und Hanna das Zeit ihres Lebens getan haben. Wir leben immer noch in einer Zeit, in der wir uns nach der Ankunft Christi in unserer Welt sehnen. Das Fest der Darstellung des Herrn sagt uns: Dieses Warten lohnt sich, weil die Zeit des Wartens irgendwann ein Ende hat.

Weil wir Christus schauen dürfen von Angesicht zu Angesicht. So, wie er überraschend in das Leben von Simeon und Hanna einbricht, so kommt er auch in unserem Leben an. So wird er ein Teil unserer Biografie.
Was den beiden Alten im Tempel von Jerusalem verheißen wurde, das erfüllt sich. Was die alten Texte der Propheten verheißen, was Christus selbst zugesagt hat, wird Wirklichkeit werden. Darauf dürfen wir vertrauen. Oder, wie es in einem bekannten Kirchenlied heißt:
"Herr, mach uns stark im Mut, der dich bekennt, dass unser Licht vor allen Menschen brennt! Lass uns dich schaun im ewigen Advent" (GL 552, 1. Strophe).