DOMRADIO.DE: Es gibt die Lutherbibel, es gibt die Einheitsübersetzung und viele, viele mehr. Braucht man da wirklich noch eine neue Übersetzung?
Katharina-Maria Schütz (Theologin Uni Bochum, Mitübersetzerin der "BasisBibel"): Ja, denn das Leseverhalten der Menschen hat sich gerade im Zeitalter der digitalen Medien grundlegend verändert. Das heißt, durch Social Media, Messengerdienste oder auch Online-Berichterstattung nimmt die Textmenge, mit der sich die Menschen tagtäglich konfrontiert sehen, immer stetig zu. Gleichzeitig nimmt aber die Bereitschaft und auch die Zeit, sich intensiver mit Texten zu beschäftigen, ab.
Darüber hinaus gab es bereits Anfang der 2000er-Jahre in der evangelischen Jugendarbeit den Wunsch nach einer neuen Bibelübersetzung, die besonders für die Arbeit mit jüngeren Menschen geeignet ist. Denn die religiöse Sozialisierung nimmt immer weiter ab und der Zugang zu biblischen Texten fällt vielen Menschen heute schwer.
DOMRADIO.DE: Die Deutsche Bibelgesellschaft hat ihre "BasisBibel" jetzt als die innovative Bibelübersetzung von heute angekündigt. Was heißt das denn genau?
Schütz: Die "BasisBibel" ist die erste Bibelübersetzung, die den gewandelten Lesebedürfnissen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Das heißt, sie ist einfach zu lesen, gut zu verstehen und dennoch nah an dem hebräischen, aramäischen und griechischen Ausgangstext der Bibel. Dafür wurde ein innovatives Konzept entwickelt, von Anfang an.
Es ist ein Zusammenspiel, ein Dreiklang aus einer vereinfachten Sprachstruktur in zeitgemäßem, verständlichen Deutsch, präzisen Erklärungen eher unbekannter oder schwierig zu verstehender Worte und einem besonderen, einzigartigen Layout. Das heißt, in den gedruckten Ausgaben befinden sich Erläuterungstexte am Rand. So kann der Leser dann leicht zwischen den biblischen Texten und den Randerläuterungen immer hin und herspringen, ohne dass der Lesefluss großartig gestört werden würde.
DOMRADIO.DE: Was macht diese einfache, vereinfachte Sprache aus?
Schütz: Die Sätze der "BasisBibel" bestehen in der Regel nur aus 16 Worten. Das entspricht laut wissenschaftlichen Untersuchungen etwa einer Satzlänge, die in gesprochener Sprache noch gut rezipiert werden kann. Das gilt auch für schriftliche Sprache. Das heißt, es gibt keine Schachtelsätze, keine langen Einschübe, die das Lesen irgendwie erschweren würden. Im Gegenteil, die Sätze bestehen nur aus einem Hauptsatz und aus einem Nebensatz.
Die Informationen werden nacheinander und linear vermittelt. Das heißt, es entsteht eine ganz eigene Sprachmelodie, quasi ein Rhythmus, der das Verstehen erleichtert und der im Idealfall Freude am Weiterlesen machen soll. Die Texte, die fließen in der "BasisBibel", das heißt, sie lesen sich leichter, ohne dabei an sprachlicher Aussagekraft zu verlieren.
DOMRADIO.DE: Gerade manche Texte aus dem Alten Testament sind natürlich sehr weit entfernt von der Lebenswirklichkeit heutiger Menschen. Sie haben genau diese Texte übersetzt. Wie haben Sie versucht, diese Kluft sprachlich zu überbrücken?
Schütz: Spannende Frage: Die "BasisBibel" reagiert darauf in mehrfacher Hinsicht. Zum einen wurde bei der Übersetzung immer auch geschaut, worauf es wirklich ankommt und wie man das, was damals geschrieben wurde, heute verständlich darstellen kann. Hinzu kommen dann die gerade erwähnten Erläuterungen zentraler Begriffe am Rand.
Aber um sicher zu gehen, ob die Texte auch heute wirklich verstanden werden von den Lesern, gab es im Laufe des Projektes immer wieder sogenannte Testleserunden, das heißt, verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten wurden einander gegenübergestellt. Und Testleser, die jetzt per E-Mail oder auch auf Facebook oder tatsächlich auf irgendwelchen Veranstaltungen Bögen vorgelegt bekommen haben, bei denen verschiedene Übersetzungen abgefragt wurden, konnten dann Rückmeldungen dazu geben, die wir als Übersetzer wiederum eingearbeitet und auch berücksichtigt haben.
Das heißt, wir waren immer an den Lesern von heute dran, quasi immer an der Basis, und haben geguckt: Wird das wirklich verstanden, was wir da übersetzen?
DOMRADIO.DE: Die "BasisBibel" ist extra konzipiert fürs Lesen am Bildschirm. Wie muss man sich das vorstellen?
Schütz: Die "BasisBibel" wurde von Anfang an auch für das Lesen am Bildschirm konzipiert und auch am Display. Das heißt, die Menschen von heute lesen immer mehr am Handy. E-Book-Reader-Bücher nehmen weiter ab, was das Lesen angeht. Die Informationen in der "BasisBibel" werden dementsprechend dargestellt. Das heißt, die Menge, wenn Sie sich ein Handydisplay vorstellen, des Textes, die man da unterbringen kann, die ist immer begrenzt. Das heißt, in einer Zeile werden verschiedene Inhalte dargeboten und pro Zeile ist es immer nur ein Sinninhalt. Diese Inhalte werden nacheinander vermittelt, sodass man die Texte dennoch gut verstehen kann.
DOMRADIO.DE: Haben Sie vielleicht ein Beispiel einer bekannten Bibelstelle, die jetzt bei Ihnen doch ein bisschen anders klingt, in der "BasisBibel"?
Schütz: Eines der bekanntesten Beispiele ist sicherlich in der ersten Schöpfungserzählung und zwar im ersten Kapitel Genesis, Vers 6, zu finden. Ich würde jetzt einfach mal die revidierte Einheitsübersetzung vorlesen. Dort steht: "Dann sprach Gott, es werde ein Gewölbe mitten im Wasser und scheide Wasser von Wasser".
In der Luther-Übersetzung steht: "Und Gott sprach: es werde eine Feste zwischen den Wassern, die da scheide zwischen den Wassern".
Die "BasisBibel" übersetzt: "Gott sprach, ein Dach soll sich wölben mitten im Urmeer. Es soll das Wasser darunter von dem Wasser darüber trennen." Das heißt: Das orientalische Weltbild, was hinter der Übersetzung steckt, das damalige Weltbild, wird mit dem Wort Dach erklärt.
Da findet sich dann auch eine Erklärung zu dem Wort. Dort steht: "Meint eine Art Platte, die auf dem Berg am äußeren Rand der Erde aufliegt. Sie bildet den Boden des Himmels und gleichzeitig das Dach der Erde". Es ist sicherlich eines der bekanntesten Beispiele.
DOMRADIO.DE: Was wünschen Sie sich? Wem soll die "BasisBibel" jetzt etwas bringen?
Schütz: Die "BasisBibel", das würde ich mir wünschen, soll möglichst vielen Menschen möglichst viel bringen. Das heißt, zum einen Bibeleinsteigern, für die sie sicherlich konzipiert wurde, soll sie den Einstieg in biblische Texte erleichtern. Sie soll aber auch bibelaffinen Menschen, also alten Hasen, die sich gut auskennen, die Bibel nochmal ganz neu darbringen, sodass man neue Sachen entdeckt. Das ist selbst mir als Übersetzerin und Theologin immer wieder so gegangen, dass ich dann Übersetzungen anderer Bibeln gelesen habe und gedacht habe: Mensch, da steckt doch noch viel drin. Das würde ich mir wünschen.
Das Interview führte Hilde Regeniter.