Lange Schlangen bei den Straßenbahnstationen, wegen der Kälte dick eingepackte junge Menschen, die meisten mit einem Lächeln im Gesicht und einem Taize-Beutel auf dem Rücken. Am Mittwoch ist das mehrtägige Europäische Taize-Jugendtreffen im polnischen Breslau mit rund 14.000 Teilnehmern zu Ende gegangen. Es war ein Fest der Gemeinschaft und des Glaubens, das über Grenzen hinweg Menschen verbindet - in einer Zeit, in der das Wort Grenze einen hohen Symbolgehalt hat.
Begegnung junger Menschen als Hoffnung für Zukunft Europas
Der Leitgedanke der Völkerverständigung stand im Kontext zur aktuellen Weltpolitik. "Wir bringen junge religiöse Menschen zusammen und leben die christlichen Werte", betonte Frere Alois, Leiter der ökumenischen Taize-Gemeinschaft. Die Begegnung junger Menschen sehe er als Hoffnung für die Zukunft Europas - in dem die Menschen "das Zuhören nicht verlernen dürfen". Politische, kulturelle und sprachliche Grenzen seien hier nicht so wichtig. Es gehe vielmehr um Gott und den Glauben.
Die europäische Völkerverständigung war auch dem Erzbischof von Breslau, Jozef Kupny, ein wichtiges Anliegen. "Europa hat junge Menschen, die nach christlichen Werten leben, dringend nötig. Es ist gut, dass ihr euch gegen das einsetzt, was trennt", sagte er zu den Teilnehmern des Treffens. Im Vordergrund stehe für ihn aber "ganz klar, Gott zusammen zu ehren". Die Anziehungskraft gründe immer wieder in der besonderen Atmosphäre von Taize. "Das Treffen von 2020 ist zwar in Turin, aber wir in Breslau brennen darauf, dass Taize wiederkommt", so der Geistliche.
"Einheit, Offenheit und Zusammenhalt, dürfen keine Phrasen sein", lautete die Einschätzung Taize-Bruder Ulrich. Eine Gastfreundschaft, wie sie bei der Veranstaltung in Breslau gelebt werde, sei praktischer Natur: miteinander lachen, reden und vor allem aufeinander eingehen. Das führe die Menschen zusammen.
Auf dem Programm standen oft gemeinsame Gebete. Täglicher Höhepunkt war das Abendgebet mit Frere Alois. Dann wurde es in der Breslauer Jahrhunderthalle still und andächtig. Taize-Gesänge erfüllten den Raum. Musiker stimmten tragende Melodien an. Zum Ende hin gab es immer wieder Zeit, im Stillen zu beten oder einfach den Moment in sich aufzunehmen.
Taize-Brüder für Gespräche in der Nähe
Zahlreiche Workshops widmeten sich 30 verschiedenen aktuellen Themen aus den Bereichen Spiritualität, Kirche, Solidarität und Gesellschaft, Kunst und Glauben. So erzählten die Brüder über Taize, von polnischen Familien von ihren Erfahrungen bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Dazwischen trafen sich die Jugendlichen in kleinen Gruppen oder nutzten die freie Zeit, um durch die Stadt zu streifen. Und fast immer war ein Taize-Bruder für ein Gespräch in der Nähe.
Das Treffen war nicht zuletzt eine logistische Herausforderung für die Veranstalter: Etwa 1.000 Freiwillige organisierten Essen und Workshops. Rund 45.000 warme Mahlzeiten und 5,5 Tonnen Brot sowie 70.000 Mandarinen und Orangen wurden an die Teilnehmer verteilt. "Ich habe viele neue Freunde gefunden und fühle mich bestärkt bei allem, was ich tue", fasste Robert seine Eindrücke zusammen. Der 19-jährige Pole half bei der Essensausgabe. "Das Treffen zeigt: Wir brauchen Einheit und keine Gemeinheit, wie sie in der aktuellen Politik oft vorkommt", so sein Fazit.
Bei der Begegnung der deutschsprachigen Teilnehmer am Dienstagnachmittag teilten mehrere Jugendliche ihre Erlebnisse mit den anderen. Die Münchnerin Alicia berichtete etwa von einer 90-jährigen polnischen Frau, die sie mit ihrer persönlichen Geschichte über den Zweiten Weltkrieg zu Tränen gerührt habe.
An Silvester feierten die Breslauer und ihre Gäste gemeinsam ins neue Jahr. Vielerorts kam es zu spontanen Partys. Das Jugendtreffen fand seinen Ausklang mit einem "Fest der Nationen" in den Gastgemeinden.
Dabei sollte vor allem die Bedeutung von Einheit und Frieden vermittelt werden. Beim nächsten Taize-Treffen in Turin werden sich etliche Teilnehmer aus Breslau erneut begegnen und wohl das Turiner Grabtuch bestaunen.