Einweihung des Richter-Fensters - Bilder in der Galerie, Predigt und Interviews exklusiv

"Speculum Lucis"

Zur Einweihung des neuen Südquerhaus-Fensters im Kölner Dom übertrug domradio.de den Wortgottesdienst mit Dompropst Norbert Feldhoff. Die Predigt hielt der Künstlerseelsorger Domkapitular Josef Sauerborn. Domchor, Mädchenchor am Kölner Dom und Vokalensemble sangen unter der Leitung von Domkapellmeister Eberhard Metternich und Domkantor Oliver Sperling verschiedene Kompositionen, u. a. eine eigens für die Feier komponierte Klanginstallation "speculum lucis". Die Orgel spielt Domorganist Winfried Bönig - auch er hat ein eigenes Werk komponiert, das vom Fenster inspiriert wurde: "Lux et color" heißt diese Komposition. Ansprache, Predigt, Bilder und vieles mehr finden Sie hier.

 (DR)

Auch regelmäßige Gottesdienstbesucher werden sich freuen. Für sie endet ein mehr als 60 Jahre währendes Provisorium - mit all seinen ärgerlichen Nebenwirkungen. Das historische "Südquerhausfenster" war in den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs zerstört worden. Auch sämtliche Aufzeichnungen über das 1863 eingesetzte opulente Glasbild wurden ein Raub der Flammen.



Die nach dem Krieg eingesetzte schmucklose Verglasung wurde von Kunsthistorikern, Gläubigen und auch dem Domkapitel stets als Makel empfunden. Damit soll dank des imposanten neuen Fensters in Zukunft Schluss sein. Das Richter-Fenster besteht aus 11 500 etwa 9,5 Zentimeter großen Quadraten, die aus mundgeblasenem Echt-Antik-Glas gearbeitet wurden. Für das Glas hat der Künstler 72 Farben ausgewählt, die schon in den mittelalterlichen Farbfenstern des Doms und in denen des 19. Jahrhunderts vorkommen.



Die Anordnung der einzelnen Farbflächen wurde mittels eines Zufallsgenerators im Computer generiert. Diese pixelähnliche Anordnung soll eine "vibrierende Farbintensität" in den Dom bringen, sagt Dombaumeisterin Schock-Werner. In Richters Entwurf gebe es Wiederholungen und Spiegelungen, die den Betrachter herausforderten, heißt es in dem Konzept. Die Idee geht zurück auf Richters Werk "4096 Farben" aus dem Jahr 1974.



Der Entwurf ist ein Geschenk des Künstlers an den Kölner Dom, die Herstellungskosten von etwa 400 000 Euro wurden von Spendern zusammengetragen.



Ebenfalls ab Samstag zeigt das benachbarte Museum Ludwig in seinem Treppenhaus die Entwürfe für das Fenster sowie ein neues, großformatiges Farbtafelbild von Gerhard Richter. Die "unterschiedlichen Varianten des Entwurfs geben einen Einblick in das komplexe Zusammenspiel von Zufall und Kalkül, das dem Glasmosaik im Dom zugrunde liegt", sagt eine Museumssprecherin.



Teil der Präsentation ist auch Richters Bild "4096 Farben", das die künstlerische Basis des neuen Fensters bildet. Es wird derzeit in der permanenten Sammlung mit Werken Richters im zweiten Obergeschoss des Museum Ludwig gezeigt. Die Schau läuft bis 13. Januar 2008.





Dombaumeisterin: Kirchen sollen mutiger werden

Die beiden großen Kirchen sollten nach Ansicht der Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner "mutiger" auf zeitgenössische Künstler ohne enge kirchliche Bindung zugehen. Wenn sie Kunstaufträge für Gotteshäuser zu vergeben hätten, sollten sie "nicht zuerst fragen, ob ein Künstler katholisch oder evangelisch ist", sagte die Kunsthistorikerin am Montag in Köln. Sie äußerte sich im Vorfeld der Einweihung eines Fensters des international renommierten Künstlers Gerhard Richter am Samstag im Kölner Dom.



Keine Auslegeware am Altar

Richter sei sicher kein "religiöser Künstler in dem Sinn, dass er Heilige malt", betonte die Expertin. Wichtiger sei, was ein Maler oder Bildhauer zu existenziellen Fragen zu sagen habe. Maßgeblich nannte sie auch, ob er mit der fraglichen künstlerischen Aufgabe wie Altarbild, Fenster, Teppich oder Leuchter fertig werden könne. Schock-Werner: "Es gilt das alte Prinzip, dass für den Dienst am Herrn das Schönste und Beste gut genug ist. Deshalb kann ich für ein neues Fenster nicht irgendeinen Künstler nehmen, sondern muss mich bemühen, den besten zu finden."



Gute Kunst solle auch kleinere Gemeindekirchen prägen, sagte Schock-Werner. Dort mangele es oft an ästhetischem Empfinden.

"Mir tut es manchmal weh, wenn am Altar irgendein falscher Perser oder ein Stück Auslegware liegt." Wenn Gläubige in eine Kirche kämen, solle es anders aussehen als in Privaträumen oder Mehrzweckhallen, auch wenn dafür Geld aufgebracht werden müsse.



Kirchenkunst darf Diskussionen auslösen

In der Kunstwelt werde heute zu stark zwischen kirchlichen und nicht-kirchlichen Künstlern unterschieden, beklagte die Dombaumeisterin. Der Faden zwischen beiden sei oft gerissen. Nur darum wunderten sich viele, dass ausgerechnet Richter sein erstes Werk für eine Kirche geschaffen habe. Zwei weitere positive Beispiele seien bald in den Kölner Kirchen Sankt Andreas und Sankt Kunibert zu finden, für die die bekannten Künstler Markus Lüpertz und Sigmar Polke Fenster entworfen haben.



Kirchenkunst sei auch zu früheren Zeiten "nicht immer leicht konsumierbar oder konsensfähig" gewesen, hob die Dombaumeisterin hervor. Dafür fänden sich auch Beispiele im Dom. "Das Gero-Kruzifix etwa muss in seiner Zeit ein ungeheuer revolutionäres Kunstwerk gewesen sein, das viele Diskussionen ausgelöst hat." Es zeige den toten Christus in einem Realismus, den es damals noch nicht gegeben habe.