Mit Blick auf ihre Kirche sieht die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages (DEKT), Kristin Jahn, Anzeichen einer "Aktivistentheologie". Dann werde die Kanzel zum Richterstuhl, wo gefühlt klar sei, was gut und gerecht sei.
Kirche darf nicht polarisieren
Als Beispiel nannte Jahn eine Erklärung ihrer Kirche zum Tempolimit auf Autobahnen. Sie betonte, die Kirche dürfe die Gesellschaft nicht polarisieren, sondern müsse zusammenführen.
"Kirche ist der letzte Diskursraum, in dem wir einander begegnen können, und zwar vorurteilsfrei", sagte Jahn. Kirche dürfe nur im übertragenden Sinne politisch sein, weil sie von einer Gesellschaft erzähle, die diese Welt übersteige.
Ökumenisches Foyer Kirche und Recht
Jahn sprach beim Jahresempfang des ökumenischen getragenen Foyers Kirche und Recht. Das Foyer organisiert in der Stadt von Bundesverfassungsgericht, Bundesgerichtshof (BGH) und Generalbundesanwaltschaft Veranstaltungen zu rechtlichen, politischen, philosophischen und theologischen Fragen.
Höhepunkt der Arbeit ist der Jahresempfang. Getragen wird das Foyer in Absprache mit der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland vom Erzbistum Freiburg und der Badischen Landeskirche.
Unter anderen waren die Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichtes, Doris König, BGH-Chefin Bettina Limperg und Generalbundesanwalt Peter Frank zu der Veranstaltung gekommen. König sagte in ihrem Grußwort, Verfassungsordnung und Grundgesetz funktionierten nicht aus sich heraus, sondern seien darauf angewiesen, aus der Mitte der Gesellschaft mit Leben erfüllt zu werden.
Jesus als Beispiel für Diskussionskultur
Für König haben die Kirchen auch in einer diversen und zunehmend säkularen Gesellschaft etwas beizutragen. Ihr Verstummen würde die gesellschaftlichen und politischen Debatten ärmer machen. Mit Blick auf den Missbrauchsskandal sagte König, die Stimme der Kirchen fände mehr Gehör, wenn es nicht zuletzt so viele Anlässe gegeben hätte, die den Kirchen einen Platz auf der Anklagebank eingebracht hätten.
Die badische Landesbischöfin Heike Springhart warnte in ihrer Ansprache die Kirchen vor einem "Ton moralischer Überhebung, der Illusion von klarem Schwarz und Weiß und einfachen Antworten auf komplexe Fragen". Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger nannte Jesus einen "Meister im Perspektivwechsel".
Immer wieder sei es ihm gelungen, Menschen in eine neue Blickrichtung hineinzuführen. "Aber er tut das nicht, indem er sie packt und umdreht, er stellt vielmehr Fragen, eröffnet neue Horizonte, indem er Menschen zum Nachdenken bringt."