EKD reagiert auf Kritik an Missbrauchsaufarbeitung

Extern und unabhängig

Die Evangelische Kirche hat auf die interne Kritik an ihrem Umgang mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen reagiert. "Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt muss selbstverständlich extern und unabhängig durchgeführt werden."

EKD-Missbrauchsstudie / © Jens Schulze (epd)
EKD-Missbrauchsstudie / © Jens Schulze ( epd )

"Und das wird sie auch", erklärte der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Volker Jung.

Volker Jung, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau / © Harald Oppitz (KNA)
Volker Jung, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau / © Harald Oppitz ( KNA )

Er vertrat die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Kirsten Fehrs am Dienstag in Hannover. Jung gehört dem Rat der EKD an, der als öffentliche Stimme der evangelischen Kirche wahrgenommen wird.

"EKD kann sich nicht selbst aufarbeiten"

Kirchenpräsident Jung äußerte sich zur Kritik des EKD-Ratsmitglieds und Jura-Professors Jacob Joussen. "Die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs muss externalisiert werden", sagte Joussen dem Bremer "Weser-Kurier" (Samstag): "Eine Institution wie die EKD kann sich nicht selbst aufarbeiten." 

Der Bochumer Jura-Professor Jacob Joussen / ©  Heike Lyding (epd)
Der Bochumer Jura-Professor Jacob Joussen / © Heike Lyding ( epd )

Joussen will während der im November tagenden EKD-Synode sein Amt in dem Leitungsgremium vorzeitig niederlegen. Jung wird ebenfalls ausscheiden, weil er kurze Zeit später auch als Kirchenpräsident in Ruhestand geht.

Zur Kritik von Joussen erklärte Jung: "Genau deshalb arbeiten externe Forschende - wie in der Aufarbeitungsstudie ForuM - und nicht kirchliche Beschäftigte sexualisierte Gewalt auf. Die Ergebnisse der Aufarbeitung gilt es dann sorgfältig und zusammen mit betroffenen Personen auszuwerten und in konkrete Maßnahmen umzusetzen, um einheitliche Lösungen zu gestalten."

2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßliche Täter

Ende Januar hatte ein unabhängiges Forschungsteam die ForuM-Studie über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche und der Diakonie vorgestellt. Es geht darin von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern aus, vermutet aber eine deutlich höhere Dunkelziffer.

Joussen hatte erklärt, "eine Reihe persönlicher Gründe" hätten zu dem Entschluss geführt, den Rat zu verlassen: "Dazu kommt aber auch der Umgang der EKD mit der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs." Zum Rückzug des Experten für kirchliches Arbeitsrecht sagte Kirchenpräsident Jung, Joussens "kluge Stimme wird diesem Gremium künftig fehlen".

Missbrauchsstudie der Evangelischen Kirche

Die Zahl der Missbrauchsopfer in der evangelischen Kirche und Diakonie ist viel höher als bislang angenommen. Laut einer Studie sind seit 1946 in Deutschland nach einer Hochrechnung 9.355 Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht worden. Die Zahl der Beschuldigten liegt bei 3.497. Rund ein Drittel davon seien Pfarrpersonen, also Pfarrer oder Vikare. Bislang ging die evangelische Kirche von rund 900 Missbrauchsopfern aus. Die Forum-Studie wurde von einem unabhängigen Forscherteam erarbeitet und in Hannover veröffentlicht.

Gedruckte Ausgaben der Studie zu Missbrauch in der evangelischen Kirche liegen auf einem Tisch / © Sarah Knorr (dpa)
Gedruckte Ausgaben der Studie zu Missbrauch in der evangelischen Kirche liegen auf einem Tisch / © Sarah Knorr ( dpa )
Quelle:
epd