Während Väter häufig ihre Arbeitszeit reduzieren möchten, wollen Mütter nach der Geburt des ersten Kindes gerne zügig wieder in ihren Beruf einstiegen und oft auch vollzeitnah arbeiten. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) stellte die Allensbach-Studie zusammen mit der Geschäftsführerin des Instituts, Renate Köcher, vor.
So fänden es 47 Prozent der Eltern ideal, wenn sie gleiche oder zumindest annähernd gleiche Arbeitszeiten hätten. Umsetzen könnten dies derzeit aber nur 35 Prozent der Paare. Und: 52 Prozent der Väter würde gern die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen, aber nur bei 18 Prozent der Befragten wird dieses Modell auch gelebt. Umgekehrt würden fast die Hälfte der Frauen, die eine verantwortliche Stellung im Beruf hatten und gut verdienen, eher auf Vollzeit- oder längere Teilzeitstellen zurück als andere.
Der Familienbund der Katholiken (FDK) sieht die geringe berufliche Beschäftigung von Frauen vor allem deshalb kritisch, weil Frauen nach einer möglichen Trennung oder Scheidung durch das neue Unterhaltsrecht mit wenig Einkommen dastehen und später auch in der Rente Nachteile haben. "Das sind Weichenstellungen, die der Staat geregelt hat, mit denen wir nicht einverstanden sind", sagte FDK-Bundesgeschäftsführerin Claudia Hagen gegenüber domradio.de.
Weiterhin Unterschiede zwischen Ost und West
Laut der Allensbach-Umfrage arbeiteten vor der Geburt des ersten Kindes 71 Prozent der befragten Mütter und Väter in Vollzeit. Danach war dies nur noch bei 15 Prozent der Befragten der Fall. Dagegen arbeiten bei einem Viertel der Paare die Väter weiter Vollzeit und die Mütter kürzere Teilzeit (15 bis 24 Stunden). Bei 17 Prozent der jungen Eltern sind laut Umfrage die Mütter nicht mehr berufstätig.
25 Jahre nach der deutschen Einheit fallen dabei die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland auf: Bei den Ostdeutschen arbeitet ein Drittel der befragten Paare nach der Geburt des ersten Kindes weiter in Vollzeit, bei den Westdeutschen sind es 11 Prozent. Die durchschnittliche Stundenzahl pro Woche liegt bei Müttern in den neuen Bundesländern bei 31, während es bei den westdeutschen Müttern 23 Stunden sind. Damit befinden sich die neuen Bundesländer etwa gleichauf mit Ländern wie Frankreich oder Schweden.
Mehr steuerliche Entlastung notwendig
Schwesig sieht in der Studie eine Bestätigung für ihr Vorhaben einer Familienarbeitszeit. Das Modell sieht vor, dass junge Eltern ihre Stundenzahl bei zumindest teilweise erstattetem Lohnausgleich reduzieren können. Eine solche Familienarbeitszeit treffe den "Nerv vieler Familien", so Schwesig. Sie sprach sich für ein «gerechteres Steuersystem» aus, bei dem bei stark unterschiedlich verdienenden Paaren auch geringer Verdienende mehr Anreize bekämen, berufstätig zu sein. Auch müsse die Politik so ehrlich sein, dass sie nicht berufstätige Mütter vor einer nur gering ausfallenden Rente warnt.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katja Dörner, stellte sich hinter Schwesigs Vorhaben. Es sei Zeit, dass Familien ihre Arbeitszeiten an das Leben mit Kindern anpassen könnten. Wenn sie dafür ihre Arbeitszeiten verringern, bräuchten sie einen finanziellen Ausgleich. Zudem müsse die Politik an die Ursachen der klassischen Rollenverteilung ran, sagte Dörner. So dürften Frauen nicht weniger verdienen als Männer.
FDK-Bundesgeschäftsführerin Claudia Hagen wünscht sich vor allem mehr Engagements der Bundesregierung bei der steuerlichen Entlastung: "Wenn wir uns da die jüngste Kindergelderhöhung und die Erhöhung des Steuerfreibetrages anschauen: das war mehr als dürftig."
Für die Umfrage wurden Elternpaare mit Kindern unter sechs Jahren befragt. Es gab insgesamt rund 3.000 Interviews.