Endet der Synodale Weg im Konflikt mit dem Vatikan?

"Das ging schon problematisch los"

Für den Synodalen Weg steht das entscheidende Kapitel an. In dieser Woche wird sich auf der fünften Synodalversammlung in Frankfurt zeigen, wohin der Reformprozess führt. Redakteur Renardo Schlegelmilch skizziert die Ausgangslage.

Mappen mit dem Logo "Der Synodale Weg" / © Andreas Oertzen (KNA)
Mappen mit dem Logo "Der Synodale Weg" / © Andreas Oertzen ( KNA )

DOMRADIO.DE: Diese Woche endet die letzte Synodalversammlung. Wird die Kirche in der kommenden Woche die Kirche eine andere sein?

Renardo Schlegelmilch / © Martin Biallas (DR)
Renardo Schlegelmilch / © Martin Biallas ( DR )

Renardo Schlegelmilch (DOMRADIO.DE-Redakteur, verfolgt den Synodalen Weg): Ich vermute mal nicht in dem Maße, wie sich die Verantwortlichen das 2019 vorgestellt haben. Es gibt einige Änderungen auf organisatorischer Ebene, aber das, was 2018 in der MHG-Studie als systemische Ursachen des Missbrauchs identifiziert wurde, nämlich Männerbünde, Zölibat, fehlende Rolle von Frauen, daran wird sich vorerst in der Kirche nichts ändern. 

Klangen am Anfang des Prozesses die Rufe danach noch sehr laut und drängend, hat man jetzt eher den Eindruck, dass versucht wird, die Hoffnungen zu dämpfen. Bischof Bätzing hat letzte Woche gesagt, er hoffe, dass von der letzten Synodalversammlung "ein Zeichen" gesetzt werde. Das klingt schon um einiges weniger drängend als am Anfang.

Andere sind da noch deutlicher. Ich habe mit Beobachtern gesprochen, die sagen, sie würden sich wundern, wenn das Treffen ohne Eklat bis Samstag durchläuft.

Renardo Schlegelmilch

"Der große Knackpunkt ist aber der letzte Tagesordnungspunkt am Samstag, das ist die Bestimmung der Mitglieder für einen Synodalen Ausschuss."

DOMRADIO.DE: Was heißt das denn konkret? Was soll bei der letzten Synodalversammlung beschlossen werden?

Schlegelmilch: Es geht um zehn Texte, davon neun in zweiter Lesung und einer in erster. Da geht es um Weiheämter für Frauen zum Beispiel oder eine Freiwilligkeit des Zölibats. Ein Text kommt nur in erster Lesung dran. Das finde ich auch problematisch, da jetzt über drei Jahre daran gearbeitet wurde und es nicht einmal eine finale Abstimmung darüber geben wird.

Der große Knackpunkt ist aber der letzte Tagesordnungspunkt am Samstag, das ist die Bestimmung der Mitglieder für einen Synodalen Ausschuss.

DOMRADIO.DE: Was wurde denn bis jetzt schon aktiv beschlossen als Ergebnis des Synodalen Weges?

Schlegelmilch: Da fallen zwei Sachen ins Auge. Vor allem die Änderung des kirchlichen Arbeitsrechtes, dass das Privatleben in Zukunft keinen Einfluss mehr auf das Arbeitsverhältnis von katholischen Angestellten haben soll. Das hatte die Initiative #OutinChurch in den Fokus der Öffentlichkeit gebracht. Der Synodale Weg hatte das zwar schon vorher in Arbeit, dann aber für kirchliche Verhältnisse schnell drauf reagiert. Und das hat der Verband der deutschen Diözesen dann auch zeitnah umgesetzt.

Das andere ist die Frage, ob Bischöfe in Zukunft vom Kirchenvolk gewählt werden können. Das widerspricht eigentlich den Regeln des Vatikans, dass ein Bischof vom Papst ausgewählt wird. Deutschland hat da ohnehin schon Sonderrechte, und nun wünscht man sich eine Selbstverpflichtung, dass sich das entsprechende Domkapitel an die Auswahl eines Gremiums hält, das vom Kirchenvolk besetzt wurde.

Das Erzbistum Paderborn sucht gerade einen neuen Bischof und will diese Idee als erstes Bistum umsetzen. Die Art und Weise wird allerdings von beiden Seiten kritisiert. Die Konservativen sagen, das geht zu weit. Die progressive Seite sagt: Es geht nicht weit genug, es gibt keine wahre Beteiligung des Kirchenvolks.

DOMRADIO.DE: Es gibt auch ordentlich Konfliktpotential mit dem Vatikan.

Schlegelmilch: Richtig. Im Januar kam ein Brief aus Rom, der Deutschland verboten hat, einen Synodalen Rat zu gründen. Der Synodale Ausschuss ist quasi das Vorbereitungsgremium dafür. Auch letzte Woche bei der Vollversammlung der deutschen Bischöfe hat Papstbotschafter Eterovic noch mal die Kritik des Vatikans bestärkt. Ein Synodaler Rat darf demnach weder auf deutscher Ebene noch in den einzelnen Bistümern eingerichtet werden.

DOMRADIO.DE: Das Verhältnis zum Vatikan ist gerade durch den Synodalen Weg ohnehin ziemlich angespannt. Wie hat sich das seit 2019 entwickelt?

Schlegelmilch: Das ging schon problematisch los. Papst Franziskus hat 2019 einen Brief an alle Katholiken in Deutschland geschickt und gemahnt, bei allen Reformen nicht das Evangelium aus dem Blick zu verlieren. Von den Organisatoren wurde das relativ wenig beachtet, damals sagte man, man betrachte diesen Brief als Bestärkung des Papstes zum Reformprozess.

Danach ist es eher alles noch schlimmer geworden. Erst hieß es unter der Hand, der Papst habe ein Problem mit dem Prozess. Dann hat er öffentlich gesagt, er habe ein Problem mit "Synodalen Wegen". Da hieß es dann, er habe nicht explizit Deutschland erwähnt.

Mit der Zeit wurde das aber immer deutlicher, bis eben zu diesem Brief im Januar. Da hat dann die Deutsche Bischofskonferenz gesagt, das seien alles Missverständnisse. Der Vatikan behauptet, wir brechen Kirchenrecht, das tun wir aber gar nicht. Kurienkardinal Ouellet hat auch im November erst explizit ein Moratorium für den deutschen Prozess gefordert, da wurde aber nicht drauf eingegangen, sondern einfach weiter gemacht.

Renardo Schlegelmilch

"Die Deutschen sagen da, das sind ja alles nur Vorschläge, in Rom fühlt man sich davon trotzdem bedroht."

DOMRADIO.DE: Was ist denn das Problem, das der Papst und der Vatikan im Synodalen Weg sehen?

Schlegelmilch: Die Angst, die man immer hört, ist ein Bruch mit der Weltkirche, ein Schisma. Weil Deutschland eben Dinge vorschlägt, wie eine Frauenweihe, die nur vom Papst persönlich angegangen werden können. Die Deutschen sagen da, das sind ja alles nur Vorschläge, in Rom fühlt man sich davon trotzdem bedroht.

Ich glaube, das liegt zum Teil auch daran, dass nur die extremsten Vorschläge in die Schlagzeilen kommen. Ich erinnere mich an eine Synodalversammlung, als jemand zur Debatte stellte, ob die Kirche überhaupt Priester braucht. Das war eine einzelne Stimme aus dem Plenum von 230 Delegierten, aber das hat dann weltweit Schlagzeilen gemacht.

DOMRADIO.DE: Am Donnerstag geht es dann los. Letztes Mal hat ein Text zum Thema Sexualität knapp die Zweidrittelmehrheit der Bischöfe verfehlt. Wie könnte es diesmal mit den Mehrheiten aussehen?

Schlegelmilch: Auch da hat Bischof Bätzing letzte Woche versucht, die Hoffnungen zu dämpfen. Er geht nicht davon aus, dass alle Texte durchkommen, aber das sei für so einen Prozess ganz normal. Grundsätzlich haben wir eine sehr große Mehrheit für Reformen, grob 200 gegen 30 kann man sagen, aber gerade die Zweidrittel-Sperrminorität könnte zum Problem werden für einige Reformtexte.

Es gibt ein paar laute Reformer unter den Bischöfen, ein paar laute Konservative, aber eine große, schweigende Mehrheit in der Mitte, vor allem die Weihbischöfe. Da ist es sehr unsicher, ob die alle Reformideen mittragen.

DOMRADIO.DE: Vor Kurzem haben fünf konservative Synodale ihre Mandate niedergelegt. Wird das eine Rolle spielen?

Schlegelmilch: Für die Mehrheiten wird das sicher keine große Rolle spielen, da das keine Bischöfe waren, sich also nicht auf die Sperrminorität auswirken. Ich könnte mir aber vorstellen, dass einige Synodale, die sich nicht sicher sind, in welche Richtung sie tendieren, von diesem Schritt durchaus beeinflussen lassen. Wenn fünf Menschen sagen, diesem Prozess fehlt die inhaltliche Offenheit und wir haben Angst vor dem Bruch der Weltkirche, könnte das sicher einige zum Nachdenken bringen.

Und man darf auch nicht unterschätzen, welches Signal das nach außen setzt, nicht nur in den Vatikan. Jeder, der den Prozess kritisiert, hat jetzt noch stärker das Argument, die Legitimität in Frage zu stellen, wenn die Opposition zu einem beachtlichen Teil einfach aussteigt, weil sie sagt: Wir können das nicht mittragen. Man stelle sich mal vor, das wäre im Bundestag so.

DOMRADIO.DE: Wie wird es denn nach dem Ende nun ganz konkret weiter gehen?

Schlegelmilch: Bereits beschlossen ist schon eine sechste Synodalversammlung, allerdings erst in drei Jahren. Die soll dann überprüfen, was von den Reformideen wirklich umgesetzt wurde. Bis dahin soll dann eben dieser Synodale Ausschuss arbeiten, der klären kann, inwiefern mit dem Synodalen Rat auf Dauer ein Gremium mit Entscheidungsgewalt von Bischöfen und Laien eingerichtet werden kann.

Kurzfristig hat Bischof Bätzing noch mal um einen Gesprächstermin im Vatikan gebeten nach Ende der letzten Synodalversammlung. Ob es dazu kommt, wissen wir noch nicht.

Das Interview führte Katharina Geiger.

Theologen: Synodaler Weg muss tiefgehende Probleme mehr beachten

Aktuelle katholische Reformfragen müssen sich aus Sicht der Theologen Karl-Heinz Menke und Magnus Striet stärker auf grundlegende Probleme fokussieren. "Es geht um die Frage, welches Menschenrecht, welche Vorstellung von Freiheit darf im Raum der katholischen Kirche sein? Das ist der entscheidende Punkt", sagte Striet am Dienstagabend in der Universität Bonn bei einer Debatte zum Reformprozess der katholischen Kirche, dem Synodalen Weg. Es habe Gründe, dass der Vatikan die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen bis heute nicht unterzeichnet hat.

Befürworter des Synodalen Weges / © Elena Hong (DR)
Befürworter des Synodalen Weges / © Elena Hong ( DR )
Quelle:
DR