Der Tod entwickelt sich weiter - zumindest für Hinterbliebene, wenn es um Trauer und Bestattungen geht. "Es wird nicht besser oder schlechter, es wird nur anders", sagt der kommissarische Leiter des Sepulkralmuseums in Kassel, Gerold Eppler. Tod, Sterben und Bestatten sind die zentralen Themen des in Deutschland einzigartigen Museums für Sepulkralkultur. "Es ist ein universelles Problem, wir kommen am Tod nicht vorbei."
Der Tod 2.0 zeigt zum Beispiel eine Tendenz zur Privatisierung von Friedhöfen. Die Idee dahinter sei natürlich, damit Geld zu verdienen, sagt Eppler. "Die Gefahr ist, dass der soziale Aspekt außen vor bleibt." Es könnte zu einer Spaltung kommen, wenn gut betuchte Menschen auf privaten Friedhöfen beerdigt werden, während andere sich nur eine kommunale Grabstätte leisten könnten. In den Niederlanden gibt es bereits private Friedhöfe. "In Deutschland sind wir noch nicht so weit." Hinter einem vergleichbaren Projekt in Nordrhein-Westfalen stehe noch eine Kommune als Auffangbecken, falls das Projekt scheitere.
Entwicklung von Bestattungswäldern
Entstanden sind solche Ideen durch die Entwicklung der Bestattungswälder. Dort können Hinterbliebene die Asche der Verstorbenen an einem Baum begraben lassen. Allein im ersten Bestattungswald Deutschlands im Reinhardswald bei Kassel sind nach Angaben des Unternehmens Friedwald seit November 2001 mehr als 5100 Menschen bestattet worden. In dem Jahr führte der Bund deutscher Friedhofsgärtner (BdF) auch den Tag des Friedhofs ein, der 2016 unter dem Motto "Raum für Erinnerung" an diesem Wochenende (17. und 18. September) begangen wird.
Durch die neue Konkurrenz entwickeln sich auch kommunale Friedhöfe weiter. "Der landschaftliche Friedhof ist im Kommen", sagt Eppler. Dort gibt es verschiedene Areale - vom Bauerngarten bis zur Heide-Landschaft. "Ein Einzelgrab ist nicht mehr der traditionelle Grabstein." Zudem böten Friedhöfe heute oft auch einen Service von Toiletten bis zum Friedhofsmobil.
Weil allerdings Menschen heute vielfach umziehen, funktioniert das traditionelle Totengedenken mit Grabpflege oft nicht mehr. Zudem führt die demografische Entwicklung dazu, dass Hinterbliebene bereits oft zu alt sind, um sich noch um Gräber zu kümmern. "Die Träger von Friedhöfen müssen sich umstellen. Es könnte unterschiedliche Bereiche für unterschiedliche Gruppen geben", sagt Bestattungsexperte Eppler. Ein Beispiel dafür seien extra angelegte Bereiche auf Friedhöfen für totgeborene Kinder, so genannte Sternenkinder.
Trauerkultur im Internet
Doch auch ein anderer Bereich wächst: Die Trauer im Internet. "Das ist nur ein neues Medium. Die junge Generation nutzt die Kommunikationsmittel, die ihr zur Verfügung stehen", sagt Eppler. Zu Millionen werde über Emoticons oder Buttons Trauer ausgedrückt, wenn Prominente sterben oder bewegende Schicksale bekannt würden. "Es gibt Situationen, da finde ich keine Worte, da kann das Zeichen der Anteilnahme hilfreich sein."
Früher sei Trauer beispielsweise durch Kleidung ausgedrückt worden. "Man kann Trauer auch durch einen Klick ausdrücken. Es sagt nichts aus über die Qualität des Gefühls", betont Eppler. Außer Beileidsbekundungen bei Facebook und Co. gebe es zudem auch Online-Foren, in denen zum Beispiel verwaiste Eltern Hilfe bei ebenfalls Betroffenen suchen können. "Das ist persönlich, aber auch öffentlich. Es kann die Trauernden auch entlasten", betont Eppler.
Im Internet entwickeln sich auch neue Formen des Geschäfts mit dem Tod. Beim Berliner Unternehmen Mymoria können Hinterbliebene komplette Bestattungen online beauftragen. Es wirbt als erster Online-Bestatter mit der "größten Auswahl an Särgen und Urnen, Blumenschmuck und Trauerkarten". Bezahlt wird online. Bei jährlich rund 900 000 Bestattungen in Deutschland gebe es viele Hinterbliebene, die auch sonst Waren und Dienstleistungen online bestellten, sagt Björn Krämer, Gründer und Geschäftsführer von Mymoria. Vor Ort arbeitet er mit lokalen Bestattern zusammen. Ein zukunftsträchtiger Markt - denn gestorben wird immer.